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Blog Archiv - Jahr %1
02.11.2017

Keine Experimente! Mit dem WDR zurück in die Adenauerzeit

WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn hat nun mitgeteilt, daß es beim ARD-„Tatort“ künftig weniger experimentelle Filme geben soll. Man wolle auch künftig „Filme, die besonders sind und das Publikum überraschen“, teilte Schönenborn mit. Aber nur noch höchstens zweimal im Jahr: „Darüber hinaus können wir uns zweimal im Jahr auch 'experimentelle' Krimis vorstellen."
Denn laut „Tatort“-Redaktionen sollen Zuschauer „Sturm laufen, wenn ein Sonntagskrimi das Genre sprengt und die Erwartungen an einen klassischen, realitätstreuen Film mit Auflösung am Schluß nicht erfüllt“, berichtet „SPON“.
Keine Experimente! Kehren Sie mit der ARD zurück in die Adenauer-Zeit, zum Wohlfühl-Fernsehen, das Sie nicht fordert, sondern nur unterhält! Sehen Sie Filme, wie Sie sie auch bei RTLSAT1PRO7VOX zu sehen bekommen. Und zahlen Sie dafür gerne weiterhin Ihre Zwangsgebühren – Sie haben es nicht besser verdient!

02.11.2017

Ligetis "Le Grand Macabre" - nach der Bundestagswahl

Und nun, nach der Bundestagswahl?
Haben Sie auch das Gefühl, daß es beim Wählen „eher um eine zynische taktische Geste“ geht, wie es Geoffrey de Lagasnerie formuliert hat?

Es wird ja nun gerne und häufig behauptet, es würden „zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg Vertreter einer rechten Partei“ beziehungsweise gar „Neonazis“ im Bundestag sitzen. Echt jetzt? Offensichtlich wird gerne vergessen, daß (ehemalige?) Nationalsozialisten den Deutschen Bundestag bis weit in die 1980er Jahre bevölkert haben, ja, sie sogar Regierungsgeschäfte wahrnehmen durften, und es eher eine biologische Frage war, daß es dann für kurze Zeit keine Rechtsradikale mehr im Parlament gab.
Das Problem ist doch auch heute eher, daß ein nicht gerade kleiner Teil der hiesigen Bevölkerung ein geschlossenes rechtsradikales Weltbild hat. Daß sich so etwas auch mal in einem Wahlergebnis niederschlagen kann, und zumal, wenn die Medien alles dafür tun, die Vertreter der rechtsradikalen Partei bekannt zu machen, nimmt doch eigentlich kaum Wunder.
Der wahre Erfolg der AfD bei den Wahlen besteht darin, daß ihre Thesen längst jede andere Partei, die es in den Bundestag geschafft hat, direkt oder indirekt übernommen hat. Die Seehofer-CSU sowieso, die Schulz-SPD, Lindners FDP, die Grünen, die Afghanistan munter als sicheren Abschiebestaat deklarieren, und nicht zuletzt auch die Wagenknecht-Linke: Auf jede drängende gesellschaftliche Frage wurde, wie Karl-Markus Gauss in der „SZ“ schrieb, „eine ethnische Antwort gegeben“. Gauss schreibt über den Wahlerfolg der FPÖ in Österreich, aber es liest sich wie ein Kommentar zur Bundestagswahl: „Das ist der wahre Triumph der FPÖ, daß sie mit der von ihr betriebenen Ethnisierung jedweden gesellschaftlichen Problems die konservative wie die sozialdemokratische Partei (und FDP, Grüne und die „Linken“...) vor sich her treibt.“

Das Theater, das jetzt in den Berliner Sondierungsgesprächen aufgeführt wird, erinnert an Ligetis „Le Grand Macabre“: Wie die beiden zerstrittenen schwarzen und weißen Minister des Fürsten Gogo sich mit einem Alphabet an Schimpfwörtern eindecken; wie die Geheimpolizei-Chefin Gepopo Angst vor einem Volksauflauf hat; wie Nekrotzar die baldige Vernichtung der Welt deklariert und die Protagonisten für sich instrumentalisiert, und wie in der Schlußszene alle Protagonisten intonieren: „Fürchtet euch nicht!“ – das hat eine ungeheure Kraft und Tiefe, und man will es nie mehr anders sehen als in der großartigen Inszenierung von Herbert Fritsch am Theater Luzern. „Das Absurde als das auf den Kopf gestellte Normale“ (Peter Hagmann).
Ein Vorschlag zur Güte: Erspart uns, liebe ARD, liebes ZDF, eure braven Rapporte von all den Berliner Sondierungsgesprächen, all die versammelten Nichtigkeiten, in denen das Berliner Laientheater Politik spielt, und zeigt ein paar Wochen lang in euren Tagesschauen und Heute-Sendungen stattdessen Ausschnitte aus der Herbert Fritsch-Inszenierung von Ligetis „Le Grand Macabre“. Wir können alle viel daraus lernen. Und es wäre ein großes Vergnügen noch dazu!

P.S.: Und bitte bitte, gebt dem Özdemir von der grünen Partei kein Ministeramt! Er ist nicht nur sowieso und grundsätzlich nicht ganz bei Trost, sondern er ist auch zu gebrechlich. Er fährt in Berlin, das ja bekanntlich reichlich flach ist, als mittelalter Mann mit einem E-Bike herum! Er braucht also selbst im Flachen einen Elektromotor, da, wo sein Parteifreund Ströbele noch in hohem Alter einzig mit Muskelkraft durchs Geschehen düst...

02.11.2017

James Last und andere Original-Tourneen

Gut gefallen hat mir diese Meldung: „DEAG bucht Tournee für Original James Last Orchester“.
Also „original“, was der Duden als „im Hinblick auf Beschaffenheit, Ursprung oder Herkunft echt oder unverfälscht“ und „im Hinblick auf die Umstände ursprünglich, unmittelbar“ bezeichnet.
Nun sind die Umstände leider so, daß James Last im Juni 2015 gestorben ist, er wird also nach menschlichem Ermessen nicht mit auf Tournee gehen. Was aber ist dann noch „original“, noch „echt“ an einem „Original James Last Orchester“?
Und vor allem: was wird die DEAG als nächstes noch auf Tournee bringen? Die „Original Doors“? Die „Original Jimi Hendrix Experience“? Wir warten gespannt, was noch alles möglich ist im Land der Original Oberkrainer, Original Egerländer und sonstiger originaler Originale.

02.11.2017

Moderne Zeiten: Berliner Studentenwohnungen mit Plus

Moderne Zeiten, Berlin 2017:
Auf einer Website namens „Youniq – Studentenwohnung mit +“ (was haben wir uns gefreut über die Marketing-Kombination von jung und einmalig in einem Wort!) werden in Berlin, Müllerstr. 34 Studentenwohnungen angeboten: 1-Zimmer-Appartments mit einer Wohnfläche von 18 m bis 45 m für Mietpreise von 514 € bis 1.119 €.
Für Quadratmeterpreise von nur 24,87 bis 28,56 Euro bekommt die Brut derjenigen, die sich so etwas leisten können und wollen, etwas ganz Besonderes: ein „stylisches“ Bad nämlich mit so unüblichen und raren Dingen wie „Dusche, WC, großem Waschbecken und“, man höre und staune, „Spiegel“,  sowie eine „hochwertige Einbauküche komplett mit Cerankochfeld, Kühlschrank, Mikrowelle und Spüle“. Es gibt zudem einige Gemeinschaftsräume, nämlich eine „Learning Lounge“, eine „Cooking Lounge“ und sogar eine „Washing Lounge mit Waschmaschinen und Trocknern“.
Und die Student*innen dürfen sich über einen „8-h-Service durch einen YOUNIQ Scout vor Ort“ freuen, was sie sicher sehr goutieren werden, wo doch Hotel Mama weit ist.
Man kann sich förmlich diese Student*innen vorstellen, wie sie zwischen Hotel Mama und einer blendenden Zukunft in den gated communities der schicken Stadtviertel, in denen sie nach erfolgreichem Studium hausen werden, in den Youniq-Studentenwohnungen zwischenwohnen – von einer noblen Disziplinareinheit zur nächsten. Und wie sie gerne „von diversen Extras profitieren, die den Alltag angenehmer machen“, wie etwa Waschmaschinen und dem „Scout-Vor-Ort-Service“, „Deiner guten Fee“, die „immer ein offenes Ohr bei Fragen und Problemen hat“. Ach ja: zusätzlich zu dem supergünstigen Quadratmeterpreis von zwischen knapp 25 und gut 28 Euro und zusätzlich zur Kaution wird eine einmalige „Aufnahmegebühr“ von 480 Euro fällig.
Und jetzt erkläre mir bitte noch mal jemand, warum Student*innen, die solcherart Luxus-gepampert ihr Studium absolvieren, keine Studiengebühren zahlen sollen...

02.11.2017

Dercon als Vorbild für Manager und Führungskräfte

Und was macht Chris Dercon, der Möchtegern-Intendant der Polizeistaats-Bühne, die mal die Volksbühne war?
Dercon, der mit der Polizei die Volksbühne räumen ließ und sie seither von einer privaten Sicherheitsfirma vor unbefugten Zutritten schützen läßt, wird am 18.11.d.J. beim „Wirtschaftsgipfel“ der „Süddeutschen Zeitung“ im Berliner Hotel Adlon zum Thema „Anders führen – was können Manager von Führungskräften in anderen Bereichen lernen“ referieren.
Dabei sollen vornehmlich drei Fragen erörtert werden: „1.: Die richtige Haltung: Wie wird man ein Vorbild für sein Team? 2.: Die richtige Motivation: Wie begeistert man andere? 3.: Die richtige Kommunikation: Wie vermittelt man seine Ziele.“
Dercon und „Haltung“? Dercon und richtige Kommunikation?? Dercon als „Vorbild“?!? Die SZ kann schon auf merkwürdige Gedanken kommen. Aber bei einem Wirtschaftsgipfel im Hotel Adlon mit einem Eintrittspreis von schlappen 3.345 Euro (das Tagesticket kostet 1.650 Euro) ist Dercon allemal besser aufgehoben als in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.

30.09.2017

Chinesisches Politbüro vs. chinesischer Problem-Panda: Deutsche Medien vorn!

Kleine Medienkunde:
Am Samstag, 30.9.2017, berichtet „The Guardian“ auf der Website an prominenter Stelle ausführlich über aktuelle Entwicklungen in Chinas Führung, also in einem der wichtigsten und mächtigsten Länder der Erde, nämlich über die Demontage des Politbüro-Mitglieds Sun Zhengcai:
Xi curbs disloyalty as Communist party expels former rising star

Und am gleichen Tag auf den Webseiten führender deutscher Medien? Niente, natürlich.
Man beschäftigt sich mit dem eigenen Bauchnabel („Comeback der FDP“, „Grüne stimmen für Jamaica-Verhandlungen“) und anderen wichtigen Fragen („Französische Politikerinnen: Denn sie wissen, was ihnen steht“, auf faz.de); einzige „chinesische“ Meldung nach Durchsicht aller einschlägigen Webseiten dann auf „Spiegel Online“:
„Verhaltensauffälliger Panda in Berlin: Das Meng-Meng-Rätsel.“

Deutsche Medien wissen halt, was wirklich wichtig ist!

30.09.2017

Israelboykott, neue Folge, diesmal: Kate Tempest ist zutiefst verletzt

Israelboykott, neue Folge:
Nun hat die Rapperin Kate Tempest ihren Auftritt in Chris Dercons neuer Berliner Volksbühen abgesagt. Was ist passiert?
Kate Tempest unterstützt die Kampagne „Artists for Palestine“, die mit der unsäglichen, „widerlichen“ (Klaus Lederer) Boykottbewegung BDS verschwistert ist, und hat einen Aufruf unterschrieben, daß britische Künstler*innen nicht in Israel auftreten sollen. Ich habe es unlängst bereits beschrieben: Die von Kate Tempest (und Roger Waters und anderen) unterstützte Anti-Israel-Bewegung setzt alle Künstler und Bands, die es wagen, in Israel aufzutreten, und ihre Agenten und Tourveranstalter mächtig unter Druck, sie werden massiv bedroht – die Band Radiohead, die davon betroffen war, bezeichnete die gegen sie gerichtete Kampagne als „zermürbende Erfahrung“. Die antisemitische BDFS-Kampagne ist alles andere als zimperlich.
Nun ist Frau Tempest in sozialen Medien und per Emails kritisiert, angeblich sogar „bedroht“ worden – falls das stimmen sollte (und ich habe wenig Anlaß, das zu glauben), wäre also ungefähr das geschehen, was die BDS-Kampagne zu ihrem täglich Brot macht, nämlich alle massiv zu bedrohen und einzuschüchtern, die in Israel auftreten...
Was aber tut die Künstlerin, die, wenn es um antisemitische Politik geht, doch so mutig voranschreitet? Sie ist beleidigt. Sie ist verletzt, nein, von der Kritik an ihrer Teilnahme am Isarelboykott sogar „zutiefst verletzt“. Und stilisiert sich zum angeblich bedrohten Opfer. Und zieht sich zurück und sagt ihren Auftritt in Berlin ab. Auseinandersetzung? Haltung zeigen? Die eigene Position zur Diskussion stellen? I wo.
Und so hat sich eine vielversprechende Künstlerin aus der Reihe der ernstzunehmenden Künstler*innen ihrer Generation verabschiedet. Nun, wir können gut auf sie verzichten.

P.S.
Ein Leser wies mich auf die Äußerung des Berliner Tourneeveranstalters der ägyptischen Band Islam Chipsy & EEK in Zusammenhang mit der Absage des Auftritts der Band wegen angeblicher israelischer Ko-Finanzierung des Berliner Pop-Kultur-Festivals hin, die mir bisher entgangen war. Laut „taz“ hat der Berliner Tourneeveranstalter sich nicht entblödet, den Vorgang mit einem besonders widerlichen Vergleich zu begründen: „Vielleicht ist es hilfreich sich vorzustellen, dass statt dem Logo der israelischen Botschaft das der NPD auf der Pop-Kultur Website geprangt hätte. Niemand hätte einen Boykott von Künstlern infrage gestellt.“ Israel = NPD? Die Juden also sozusagen selbst Schuld an der Shoah? Was geht in Leuten vor, die so etwas formulieren? Man kann gar nicht so viel essen, wie man kotzen möchte.

30.09.2017

taz findet, Slime sollten Frieden mit dem Staat schließen

Andrerseits ist die „taz“ ja auch nicht ohne: Ihr Pop-Chef fragt den Slime-Gitarristen Christian Mevs in einem Interview: „Müsste Slime nicht Frieden schließen mit staatlichen Institutionen, die die Demokratie stärken?“ Also dem Staat auf die Art in den Hintern kriechen, die bei etlichen taz-Autoren längst gang und gebe ist (mal abgesehen von der drolligen Formulierungen bzw. der kuriosen Hirnverdrehung, daß es staatliche Institutionen sein sollen, die die Demokratie stärken, also sozusagen von oben...).
Christian Mevs hat eine klare Antwort: „Nö, für mich wäre ein sinnvoller Staat derjenige, der Rechtsradikalismus gar nicht erst zuläßt. Eine Bildungsoffensive gegen rechts könnte ein Staat stemmen, aber er setzt nur Placebo-Pillen dagegen ein.“

30.09.2017

Dieter Bohlen fällt supergut vom Stand-up-Paddel

Auch gut: Dieter Bohlen (laut „Closer“, via „FAS“-Herzblatt-Geschichten) über spezielle Fähigkeiten:
„Ich kann supergut vom Stand-up-Paddel fallen; immer wieder mit neuen Falltechniken. Aber das wollte bislang keiner sehen.“
Der eine steigt aufs Surfbrett, um Stand-up-Paddeln zu betreiben (was, da bin ich mir mit einem guten Zürcher Freund nach einschlägiger Beobachtung auf dem Vierwaldstätter See sehr einig, bescheuert genug ist...). Der andere steigt aufs Paddel und hat wieder mal etwas nicht kapiert...

20.09.2017

Verbrecherische Automobilindustrie? Worauf die Kanzlerin ihren Amtseid geschworen hat...

Stichwort Automobilindustrie: Erst verhindert die Bundesregierung strengere Abgasnormen für Autos, dann wird bekannt, daß BMW-Großaktionäre kurz zuvor der CDU fast 700.000 Euro gespendet haben (Handelsblatt).
Aber worüber regen wir uns hier eigentlich auf? Wo ist denn das Problem? Die Bundesregierung und die einschlägigen Landesregierungen egal welcher Couleur haben sich mit Haut und Haaren der Automobilindustrie ausgeliefert und lassen es zu, daß sich „die Automobilindustrie, die wissentlich und vorsätzlich Mensch und Umwelt vergiftet“ („Spiegel“), weiter aus ihrer Verantwortung stehlen kann. „Tod liegt in der Luft“ („FAZ“), jedenfalls für die Menschen, die von den Produkten der Automobilindustrie vergiftet werden. „Aber vielleicht fließt durch die Adern der Politiker, die etwas ändern könnten, ja doch Benzin?“, fragt Edo Reents in der „FAZ“. Oder liegt es einfach daran, daß die Automobilindustrie der Politik seit jeher nennenswerte Spenden angedeihen läßt, und daß es eine extrem enge Verflechtung des politischen Personals mit der Automobilindustrie gibt? Der ehemalige Verkehrsminister Wissmann (CDU) ist seit 2007 Präsident des Verbands der Automobilindustrie, also deren Cheflobbyist. Eckart von Klaeden (CDU) war bis 2013 Staatsminister im Kanzleramt, also einer der wichtigsten Helfer der Kanzlerin, und wechselte unmittelbar in den neuen Job als Cheflobbyist von Daimler. Thomas Steg (SPD) war Vize-Regierungssprecher und ist seit 2012 Cheflobbyist von Volkswagen. Michael Jansen war bis 2009 Büroleiter von Angela Merkel in der CDU-Zentrale und ist seit 2015 Leiter der Berliner Vertretung von VW. Maximilian Schöberl war lange Jahre Pressesprecher der SU und ist seit 2006 Cheflobbyist von BMW (alle Fakten aus „SZ“). Die Liste ist beliebig fortsetzbar.
Daß es immer noch keine strikten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge gibt, ist ein Skandal, aber relativ einfach erklärbar. Und die Medien, die die großen Anzeigen der Automobilkonzerne abdrucken, tun das ihrige dazu: Da liest und hört man Floskeln wie, es gebe „schlechte Nachrichten für den Diesel“. Für den Diesel? Na, das ist ja unerhört, da muß man sich ja regelrecht Sorgen machen um den Diesel, wenn der morgens seine Zeitung liest und schlechte Nachrichten entdecken muß. Nicht eher schlechte Nachrichten für die Menschen, die durch Dieselfahrzeuge vergiftet werden?!?
Aber wie gesagt, wo ist das Problem? Schließlich hat die Kanzlerin bekanntlich keinen Amtseid darauf geschworen, Schaden von den Menschen der Republik abzuwenden. Nein, der Amtseid der Bundeskanzlerin (aber auch jedes Wirtschaftsministers und jedes Ministerpräsidenten in jedem Bundesland, in dem Automobilkonzerne existieren), das weiß doch heute jedes Schulkind, lautet schließlich, Schaden von der deutschen Automobilindustrie abzuwenden.

20.09.2017

Stickstoffdioxid-Grenzwerte durch Dieselautos systematisch überschritten? FDP-Lindner hat die Lösung!

Und sowieso versteht man ja nicht, warum so ein Theater um das angebliche systematische Überschreiten der Grenzwerte von Stickstoffdioxid gemacht wird. Die autofeindliche Presse behauptet, daß „in 28 Städten oder Ballungsräumen hierzulande anhaltend gegen die in der EU festgesetzten Grenzwerte für Stickstoffdioxid verstoßen“ wird („FAZ“).
Awcmon.
FDP-Chef Christian Lindner hat die Lösung, und sie ist sehr einfach, nämlich: die Grenzwerte heruntersetzen! Denn mit niedrigeren Grenzwerten verstößt die Autoindustrie mit ihren manipulierten Dieselfahrzeugen nun mal weniger gegen die gesetzlichen Vorgaben, und es werden sozusagen automatisch weniger Menschen vergiftet.
So klug, so smart, so lösungsorientiert! Hoffen wir, daß Lindner Verkehrsminister der neuen Bundesregierung wird! Die Autofahrernation Deutschland hat sich ihren Lindner redlich verdient.

20.09.2017

Bundestagswahlkampf - Der Tanz um das kleinere Übel?

Bundestagswahlkampf? Schlechter Scherz.
Man kann das, was zu diesem Staatstheater zu sagen ist, sehr klug formulieren wie Rainer Trampert in seinem Artikel „Der Tanz um das kleinere Übel“.
Oder sagen wir es einfach mit Christoph Schlingensief, dessen „Chance 2000“ wir 1998 wählen durften:
„Ihr müsst diese Gesellschaft benutzen, die euch kaputtmachen will. Stürmt die Medien! Stürmt das System!“

20.09.2017

Herbst: Jetzt wird gekärchert!

Herbst. Kärcher-Zeit.
Jetzt treiben sie sich wieder allüberall in den Parks und Gartenanlagen herum, die Lümmel mit ihren lauten Laubverteilungsrohren, die endlos lang das Laub vor sich hin pusten, das früher noch mit Rechen lautlos und zügig zusammengerecht wurde.
Ich denke daran, wie heutzutage jeder Konzertveranstalter massive Lärmschutzmaßnahmen garantieren muß, wie von den Kommunalverwaltungen die dB-Zahlen für alle Rockkonzerte auf kaum mehr wahrnehmbare Grenzen zurückgefahren werden – während all die kärchernden Laubrumpuster die Umwelt mit ihrem brachialen Lärm verschmutzen, der nur aushaltbar ist, wenn sie Lärmschutz tragen. Aber gut, das eine ist Musik, davor muß man die Menschen natürlich schützen, das andere ist Gekärcher, und das muß man eo ipso schützen.

20.09.2017

Pop-Kultur-Festival: Jedes Ticket mit 150 Euro subventioniert!

Nun ist also erneut das überflüssige, vom Berliner Senat via seines Music-Boards veranstaltete „Pop.Kultur“-Festival über die Bühne gegangen. Mit knapp anderthalb Millionen Euro wurde das Senatsfestival laut „Berliner Zeitung“ dieses Jahr gefördert, und man hat gut 70 Konzerte und insgesamt etwa 100 Veranstaltungen kuratiert, die etwa 10.000 Besucher*innen angezogen haben. Jede einzelne Veranstaltung hat also gut 15.000 Euro gekostet. Wow, ein ganz schöner Batzen Geld, nicht? Oder andersherum: jedes Ticket des Festivals wurde mit gut 150 Euro subventioniert, also in einer Dimension, in der sonst die Plätze in Opernhäusern oder bei Philharmonikerkonzerten mit öffentlichen Mitteln finanziert werden – bloß, daß da riesige Ensembles mit bis zu hundert Mitgliedern auftreten, während die meisten Popbands doch nach wie vor in Besetzungen spielen, deren Mitglieder an den Fingern einer Hand abzuzählen sind.

Welchen Zweck also hat es, daß der Staat derart tief in die Tasche greift, um seine Vorstellungen von Staatspop bzw. Senatspop durchzusetzen? Cui bono? Es ist ja kein Geheimnis, daß es den Politiker*innen mit ihrer Subvention der Popkultur darauf ankommt, deren eingebrannte (und zugegeben mitunter kaum noch zu erkennende) Widerständigkeit einzuebnen. Es geht um kulturelle Hegemonie, und dieser sollen sich all die „bunten Völkchen“ unterordnen, die vor Zeiten einmal subversive Lebenskonzepte und alternative gesellschaftliche Vorstellungen verfolgt haben. Es lohnt sich, den Gedanken der Kulturstaatsministerin Grütters (CDU) zu lauschen, wenn man eine Vorstellung gewinnen will, worum es hier geht: Die nämlich erklärte in ihrem Grußwort zum „Pop-Kultur“-Festival in dankenswerter Deutlichkeit, daß sie die Popkultur als eine Art Bierkultur ansieht: Grütters warf laut „Tagesspiegel“ die Brau- und die Pop-Kultur in einen (Brau-?)Topf, sprach von „Craft-Pop“ (denn auch eine Kulturstaatsministerin hat heutzutage Redenschreiber, die sich mit dem hippen Craft-Beer auskennen) und von „musikalischen Geschmackserlebnissen“ – Frau Grütters möchte also, daß Popmusik so konsumiert wird, wie man Bier trinkt. Da ist es nicht mehr weit vom Pop-Kultur-Festival zum Oktoberfest, ein Event das eine wie das andere. „Wie die Craft-Beer-Brauer sind Sie die sympathischen Rebellen der Branche“, beleidigte die Kulturstaatsministerin schließlich noch die Popkultur-Musiker*innen und Kulturarbeiter*innen (bzw. den Teil, der eine derartige Verharmlosung noch als Beleidigung begreift). Und so machte einer der Kuratoren dann auch prompt brav Dienerchen und bedankte sich äußerst artig bei Frau Grütters, denn „dank der zusätzlichen Förderung der Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien konnte sich das Festival merkbar weiterentwickeln“. Und noch mehr Künstler*innen und Bands auftreten lassen, die ohne die 150-Euro-pro-Ticket-Subvention sonst niemals nicht in Berlin auftreten könnten und würden: Von Balbina, Erobique, Romano, den Sleaford Mods, den Friends of Gas, Andreas Dorau und all den anderen hat man ohne die Senatspop-Veranstaltung in Berlin nämlich bisher noch nie etwas gehört...

Man kann es nicht oft genug wiederholen: Die Popkultur braucht im Großen und Ganzen keine staatlichen Subventionen! Die wenigen Ausnahmen sind Produktionen, die aufwendig sind, bestimmte Spielorte wie Theater benötigen und anders nicht zu finanzieren wären; das sind höchstens 5 Prozent aller Pop-Konzerte. Die Popkultur benötigt auch keine Kuratoren! Sorgt dafür, daß es bezahlbare Mieten und günstige Proberäume gibt! Sorgt dafür, daß es ausreichend Musikunterricht gibt – in Berlin stehen über 10.000 Kinder und Jugendliche auf den Wartelisten der Musikschulen, Berliner Kinder und Jugendliche haben laut Deutschem Kulturrat „bundesweit die schlechtesten Chancen auf kulturelle Teilhabe“! Und sorgt endlich dafür, daß die Musiklehrer*innen auch anständig bezahlt werden! In Berlin sind nur 7 Prozent der Musiklehrer*innen fest angestellt, im Vergleich zu 75 Prozent im Bundesschnitt, und der öffentliche Zuschuß pro Jahreswochenstunde an den Musikschulen ist in Berlin der mit Abstand niedrigste aller deutschen Großstädte. Wenn ihr wirklich etwas für die Musik tun wollt, dann laßt die Popkultur in Ruhe, hört auf, den Distinktionsvorteil der Mittelschichts-Kids und Fan-Boys mit 150 Euro pro Ticket zu finanzieren, und packt das Geld stattdessen in die Musikschulen, denn dort wird es wirklich dringend benötigt!

Ach ja, und ein Letztes: Einigermaßen drollig finde ich immer das „Argument“ der Journalisten, das Staats- bzw. Senatspop-Festival trete doch gar nicht in Konkurrenz zu den vielen Berliner Veranstaltern, die tagtäglich ohne Subventionen versuchen, ein anspruchsvolles popmusikalisches Programm auf die Beine zu stellen, weil es doch so ein schönes Festival mit so guten Konzerten geworden sei. Der Zweck also heiligt die Mittel? Mich würde interessieren, was die Damen und Herren des eingebetteten Popjournalismus schreiben würden, wenn der Berliner Senat auf die Idee kommen würde, eine Tageszeitung herauszugeben. Ist ja auch etwas, was nicht zu den Kernaufgaben der öffentlichen Hand gehören würde, genauso wie das Veranstalten von Popfestivals. Und wenn diese Senats-Tageszeitung dann einigermaßen o.k. wäre, wäre dann auch alles in Ordnung, und die Journalisten würden sich über sinkende Auflagen (und nachfolgende Entlassungen...) ihrer Publikationen freuen, oder sie zumindest nonchalant in Kauf nehmen?

20.09.2017

Kuratoren zum Teufel!

„Meinetwegen können die Kuratoren alle zum Teufel gehen."
Bazon Brock

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