Hartwig Masuch ist einer der klügsten Köpfe der internationalen Musikindustrie. Und weil das so ist, findet man ihn auch selten auf dumpfen Branchenevents, auf denen sich die einschlägigen Wichtigtuer*innen tummeln, dafür aber gerne mal mit Hintergrundgesprächen und Interviews in Zeitungen, hinter denen bekanntlich immer ein kluger Kopf steckt:
„Wer wirklich am Musik-Streaming verdient“ lautet der Titel eines Artikels im Wirtschaftsteil der „FAZ“ vom 20.7.2017 (online hier, leider nur hinter einer Paywall – aber diese € 1,99 sind gut investiert, versprochen!).
Masuch, „der oberste Musikmanager des Gütersloher Medienkonzerns Bertelsmann“, erklärt ausführlich, wer daran Schuld ist, daß Musiker*innen so wenig am Streaming verdienen: Überraschung! Es sind die Plattenkonzerne! „In Wahrheit seien es doch vor allem die großen Plattenfirmen, die beim Streaming zu Lasten der Musiker abkassierten. ‚Es bleibt viel Geld bei den Plattenlabels’, sagt Masuch. Die Branche biete den Musikern nicht den ‚bestmöglichen Gegenwert’ beim Musikstreaming.“
Masuch „geht mit der Musikindustrie hart ins Gericht. ‚Das digitale Musikgeschäft ist transparenter geworden, und Transparenz erfordert Fairness’, sagt er. Früher seien Musiker regelmäßig von ihren Plattenfirmen abgezockt worden. ‚In den alten Zeiten waren Teile der Musikindustrie mit einer Form der organisierten Kriminalität vergleichbar.’ Und heute? ‚Ich muß leider feststellen, daß die Denkweise, selbst so viel mitzunehmen, wie man nur kann, in unserer Branche immer noch existiert’, sagt Masuch.“
Das Problem ist, daß die Plattenfirmen von ihren Profiten zu wenig an die Künstler abgeben. Spotify hat 2016 bei einem Umsatz von 2,9 Milliarden Euro (eine Steigerung um etwa 50 Prozent) einen Verlust vor Steuern von 539 Millionen Euro gemacht. Universal Music, der Weltmarktführer, hat im gleichen Zeitraum einen operativen Gewinn von 687 Millionen Euro verbucht. Musiker*innen! Wenn ihr wieder mal barmt, daß ihr am Musik-Streaming angeblich so wenig verdient – demonstriert und kämpft an der richtigen Stelle! Sorgt dafür, daß eure Plattenfirmen und Musikverlage euch faire Anteile von ihren Streaming-Einnahmen auszahlen!
Noch einmal Masuch laut „FAZ“: „Wer bei uns ein Album aufnimmt, der kriegt 75 Prozent des Nettoumsatzes, statt 20 bis 25 Prozent bei traditionellen Verträgen.“
Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Ist es aber nicht. Wenn ich Musiker wäre, ich würde wohl eine Gewerkschaft gründen. Mir aber vor allem einen guten Rechtsanwalt besorgen, der einen anständigen und fairen Vertrag mit den Rechteinhabern aushandelt...
(und ja, ich weiß schon, das alles ist für Sie als aufmerksame Leser*innen dieses Blogs oder auch meines Buchs „Das Geschäft mit der Musik“ jetzt nichts Neues. Klar. Aber wenn das alles einer der einflußreichsten Musikmanager sagt, der seit über 30 Jahren in dem Geschäft und der aktuell Chef der Bertelsmann-Musiksparte BMG ist, hat das schon noch ein besonderes Gewicht, oder?)