Doch wenn es tatsächlich um finanzielle Förderungen für Kulturorte durch das Land geht, gehen Berlins Christdemokraten gerne mal zur Hand – jedenfalls wenn es um Parteifreunde geht. Wie Andreas Hartmann ausführlich für die „taz“ recherchiert hat, sind die in langen Jahren entstandenen Konzepte für die Nutzung der Alten Münze, einem unterkellerten Gebäudeensemble auf einer Grundfläche von 8.500 Quadratmetern mitten im Zentrum Berlins, von CDU und SPD kurzerhand und ohne Parlamentsbeschluss beerdigt worden. Nicht mehr ein Jazzhaus als Institution von überregionaler Strahlkraft, nicht mehr die „Vereinigung von Kreativwirtschaft, Club- und Subkultur unter einem Dach“ samt bezahlbaren Künstlerateliers soll nun an diesem zentralen Ort entstehen, wie es ursprünglich unter Federführung des Kultursenators Klaus Lederer geplant war und 2018 vom Parlament beschlossen wurde.
Kein „House of Jazz“, nicht das geplante „Zentrum für Jazz und improvisierte Musik“, für das der Bund bereits 12 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln zugesagt hatte. Und das „bereits ausgehandelte Hybridmodell, bei dem niedrige Ateliermieten in einer Quersubventionierung durch höhere Mieten an Akteure aus der Kreativwirtschaft ermöglicht werden sollten“, ist ebenfalls vom Tisch. Stattdessen sollen die Spreewerkstätten „als bestimmender Akteur mit einem langfristigen Mietvertrag mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren ausgestattet werden“, so die „taz“.
„Bestimmend“ oder „zumindest Wortführer beim Kurswechsel“ ist laut „taz“ nun der CDU-Politiker Christian Goiny, in der CDU-Fraktion im Berliner Landesparlament zuständig für Finanz- und Medienpolitik sowie Clubkultur. Goiny, eng verbandelt mit führenden Akteuren der Berliner Clubcommission (deren Mitbegründer und „immer noch lautstärkster Berliner Clublobbyist“ Marc Wohlrabe Assistent von Goiny ist) und der Berlin Music Commission, stilisiert sich in der „taz“ gewohnt großmäulig als Retter der Alten Münze. Dort hat sich ein „Verein Alte Münze“ gegründet. Deren Vorstand ist Felix Richter, gleichzeitig Geschäftsführer der Spreewerkstätten und laut „taz“ „beteiligt an zig Firmen, vornehmlich aus dem Bereich der Projektentwicklung. Einer seiner Geschäftspartner bei der Green City Development GmbH ist Martin Eyerer, Vorsitzender des ersten digitalen Kreisverbandes der CDU. Mit dem und weiteren Partnern wollte Richter schon einmal die Alte Münze übernehmen und daraus einen ‚Ort der Kreativindustrie‘ machen, das ‚Haus of Berlin‘.“
Die Freie Szene? Außen vor. Die wollen doch laut Goiny sowieso nur ein „Staatskulturhaus“ aus der Alten Münze machen. Die Jazzszene? Außen vor. Berlin sein nun mal „keine Jazzstadt“, eine Einschätzung, die Goiny für sich allein hat. Eine dubiose Gruppierung mittelloser Künstler und Künstlerinnen wolle staatliches Geld und „den Clubbetrieb verdrängen“ – dass die Alte Münze alles andere als ein „Club“ ist, sondern ein Kreativquartier mit um die 18.000 Quadratmeter Nutzfläche, in dem sich auch eine kleine Clubfläche befindet, die zu Partys angemietet werden kann, ist Herrn Goiny wohl entgangen.
Ganz offensichtlich soll hier ein sich im Besitz der landeseigenen BIM befindliches Filetgrundstück, dessen Verkauf an einen Investor 2008 vom damaligen Finanzsenator Nußbaum (parteilos) gestoppt und der Kulturszene bis 2018 zur Zwischennutzung, seitdem zur Entwicklung als Kultur- und Kreativquartier zur Verfügung gestellt wurde, auf kleinem Dienstweg für 30 Jahre an eine private GmbH zum Mietpreis von 4 Euro/qm verschachert werden. Weil Herr Goiny, der CDU-Kultursenator, die CDU und wohl auch die SPD das so wollen. Das Geld für die Renovierung, schlappe 46 Millionen Euro, soll laut „taz“ immer noch aus öffentlichen Geldern kommen, nämlich den Töpfen der Kulturverwaltung.
Wie war das Axiom der CDU-Kulturpolitiker:innen doch gleich wieder (siehe oben)?
„Nicht immer nur auf finanzielle Förderungen des Landes setzen.“
„Es ist falsch, immer mehr Geld irgendwo reinzupumpen.“