Valentinstag?
Es kann natürlich nur einen geben: Nämlich den Tag des Gedenkens an den großen Karl Valentin, der am 9. Februar 1948, also vor 70 Jahren, gestorben ist.
Der Dichter Franz Dobler schrieb im Nachwort zu seinem ersten Buch „Falschspieler“ am 9.Februar 1988:
„Am Tag nach seinem Tod leerte jemand den Inhalt seiner Nachttischschublade auf einen Tisch, richtete es so hin, daß alles zu erkennen ist, und machte ein Foto: Eine Schachtel Pantopon, Manschettenknöpfe, ein Taschenmesser, eine Pfeife, ein Merk1948Buch, ein Schild mit einer 14, und, neben anderen Gegenständen, ein Phönix Kanonenschlag.
Ein kleines rotes Feuerzeug, eine Plastikflasche Pingo Türschloßenteiser, eine Schachtel Echte Brasil Fehlfarben, die ich seitdem nie wieder geraucht habe, einige Dosen mit Spielzeugmunition, ein Entenkopf aus Messing, der zu einem Spazierstock gehört, mit dem ich mich nicht auf die Straße traue, und eine fast leere Rolle Traubenzucker liegen auf meinem Schreibtisch ganz oben auf einer Unmenge Zeug …“
Interessant, was sich so in Nachttischschubladen und auf Schreibtischen befindet. Ich muß daran denken, wie auf der documenta in Kassel letztes Jahr in Vitrinen zu sehen war, was vom Leben des afrikanischen Musikers Ali Farka Touré übrig blieb: Neben einigen goldenen Pokalen und mehr oder minder obskuren Orden sowie Ausweisen waren das ein abgegriffenes Portemonnaie, eine Stimmgabel, ein Schuhanzieher, Stempel, ein Plektrum, ein Kamm und eine Pfeife. Und im nächsten Raum hing die Alltags- und Bühnenkleidung des Musikers. Dazu lief in Kassel Ali Farka Touré’s Album Niafunke, und es wäre schön, wenn auch Sie diese Musik auflegen würden, wenn Sie sich diese Fotos ansehen und vielleicht ein wenig über Kunst, Musik, Gesellschaft und Vergänglichkeit nachdenken:
Eines steht fest: Wenn wir statt des von der Konsumindustrie inszenierten „Valentinstags“ am 14.Februar den einzigen wirklichen Karl-Valentin-Tag feiern würden am 9.Februar – oder, eine sogar noch schönere Vorstellung: einen kommerzfreien Ali Farka Touré-Tag zur Feier dieses Gitarristen und vieler anderer, unbekannterer großer afrikanischer Musiker – nun, dann wäre diese Welt womöglich nicht nur eine andere, sondern auch eine bessere.
Man wird ja mal ein wenig träumen dürfen...