21.09.2014

Miley Cyrus & ihr Facebook

Haben Sie auch die Ausschnitte von den MTV-Awards gesehen? Wie Miley
Cyrus statt einer eigenen Dankesrede einen jungen Obdachlosen auf die Bühne
holt und ihn von seinen Problemen erzählen läßt? Mal abgesehen davon, daß der
junge Obdachlose tags darauf von der Polizei verhaftet wurde, weil wohl ein
Haftbefehl gegen ihn vorlag, und mal abgesehen von der schwülstig-peinlichen
Von-Sich-Selbst-Ergriffenheit der Miley Cyrus und ihren wohlplazierten Tränchen
und all dem, was sich kulturell und ethisch sonst noch zu dieser Szene sagen
ließe, aber: Haben Sie die Kernaussage des jungen Obdachlosen gehört?

„If you wanna make
powerful change in the world right now, please go on Miley’s Facebook site...“

So spielen sie das Spiel heutzutage – wenn ihr was an der Gesellschaft
und all ihrer Ungerechtigkeit ändern wollt – geht auf die Facebookseite eines
Popstars! Macht ein paar Klicks! Fühlt euch besser, denn ihr habt jetzt wirklich
etwas geändert. Wirklich. Powerful.„When all you got
is a hammer /everything looks
like nails.“(Kate Tempest)

21.09.2014

GEMA und Fête de la Musique II

Ich habe an dieser Stelle bereits darüber berichtet, daß die allseits
beliebte Monopolinstitution GEMA mit einer neuen Volte das großartige und
kostenlose Musikfestival „Fête de la Musique“ gefährdet. Anfang September
wurden neue Details bekannt – die GEMA stuft die Fête de la Musique künftig
nicht mehr als das ein, was sie ist, nämlich als ein Stadtfest, sondern als ein
Konzert. Der GEMA-Tarif dafür ist natürlich wesentlich teurer und bedeutet lt.
„Berliner Zeitung“ für die Organisatoren eine Kostensteigerung von sage und
schreibe 63 Prozent; das sind rund 8.000 Euro mehr als bisher eingeplant und finanziert
sind. Etwa 20 Prozent des gesamten Budgets der Berliner Fête de la Musique, bei
der 2014 Musiker, Sänger, Bands und Orchester an 110 Orten in allen zwölf
Bezirken der Stadt auftraten und um die 100.000 Menschen begeisterten, würde
künftig für die GEMA draufgehen. Besonders pervers: die komplette Veranstaltung
wird aus öffentlichen Mitteln finanziert. Der Berliner Senat gibt 24.200 Euro,
die Lotto-Stiftung 80.000 Euro, Mehrausgaben sind nicht erlaubt. Die GEMA will
davon lt. „Berliner Zeitung“ künftig 20.000 Euro, also mehr als 80% des
Senatszuschusses – eine absolute Unverschämtheit. Und der sichere Tod dieses
musikalischen Stadtfestes.Während das GEMA-Pendant in Frankreich, wo die Fête de la Musique
geboren wurde, auf Gebühren komplett verzichtet, also: Musik für Menschen fördert, zeigt die GEMA in Deutschland
die unerbittliche Arroganz der Macht eines Monopolisten: kein Erbarmen!Der Berliner Kulturstaatssekretär griff zur schärfsten Waffe eines
Politikers: er schrieb einen Brief. Das macht sich immer gut, es gaukelt
Tätigkeit vor und ist unverbindlich und letztlich von vornherein erfolglos.
Wenn Tim Renner in dieser Sache ernstgenommen werden wollte, sollte er eine
Gesetzesinitiative starten, um die Rechtslage zu verändern, etwa im Bundesrat.
Der damalige Ministerpräsident Niedersachsens, McAllister (CDU), hatte vor
einigen Jahren Zugeständnisse der GEMA im Tarifstreit gefordert und angedroht,
daß eine neue Aufsichtsbehörde für die GEMA installiert werden könnte – das
wäre doch mal eine Spur, die aufzunehmen sich lohnen würde...

21.09.2014

Grütters und Buchhandel

Das Pendant des Berliner Herrn „Shitnstuff“ (so Franz Dobler über den
Politiker) auf Bundesebene, Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), macht
sich derweil zur Lobbyistin des Buchhandels und beteiligt sich an der
Dämonisierung von Amazon. Sie subventioniert den stationären Buchhandel mit gut
einer Million Euro, getarnt als Preisgeld, ganz so, wie es die Initiative Musik
mit ihrem „Spielstättenprogrammpreis“ vormacht – das liest sich fein und ist
hübsch öffentlichkeitswirksam, vor allem aber ist es, anders als es eine
substantielle und auf Langfristigkeit angelegte systematische
Spielstättenförderung wäre, völlig unverbindlich.Interessant ist allerdings die Inkompetenz, die Frau Grütters in dieser
Angelegenheit an den Tag legt. Im Interview mit der „Welt“ behauptet sie, es
gebe „momentan noch rund 3500
inhabergeführte Buchhandlungen in Deutschland“ – schön wärs! Es gibt
nämlich nur noch etwa 700 „unabhängige“, also inhabergeführte Buchhandlungen
bundesweit, davon allein in Berlin 295... Aber wer als Kulturstaatsministerin
im nämlichen Interview auch sagt, daß sie „keinen
Unterschied zwischen großen und kleinen Verlagen macht“, hat von dem, was
Teil ihrer Aufgabe ist, eben offensichtlich keine Ahnung.

21.09.2014

Flüchtlinge im Mittelmeer und EU-Asylpolitik

„Das ist kein
Unfall, das ist Mord“, sagte eine Sprecherin der EU-Innenkommissarin
angesichts des Untergangs eines Schiffs im Mittelmeer vor Malta mit 500
Flüchtlingen, die grausam ertranken. Doch was meinte die EU-Sprecherin genau?
Daß es Mord sei, weil die von der EU beauftragte und finanzierte private
Grenzschutztruppe Frontex auf dem Mittelmeer Europa vor all den unerwünschten
Flüchtlingen aus Afrika „schützt“? Oder meinte sie, es sei „Mord“, wenn
beispielsweise Deutschland ein (immer massiver eingeschränktes) Recht auf Asyl
gewährt, das die Flüchtlinge gar nicht wahrnehmen können, weil ein Kordon von
Pufferstaaten die Asylsuchenden abhält, überhaupt nach Deutschland zu gelangen?
Mitnichten. Die EU-Sprecherin meinte lediglich die „erbarmungslosen Schleuser“, als sie von Mord sprach.Es ist ekelhaft. Denn daß Abertausende von Flüchtlingen im Mittelmeer
ertrinken, hat zwar zum Teil mit kriminellen Schleusern zu tun – diese gibt es
aber nur, weil die Grenzen Europas längst zur Festung ausgebaut wurden und
Flüchtlinge kaum eine Möglichkeit haben, tatsächlich nach Europa zu kommen, die
Grenzen zu überwinden. Bundespräsident Gauck hat im vergangenen Jahr angesichts
der Katastrophe vor Lampedusa entlarvt, wie das mit dem Grundrecht auf Asyl in
einem der reichsten Staaten der Erde tatsächlich gemeint ist: Flüchtlingen, so
das Staatsoberhaupt, müsse „Gehör gewährt“ werden, das sei eine „wesentliche
Grundlage unserer Rechts- und Werteordnung“. Zu dieser Rechts- und Werteordnung
gehört also nicht mehr das Gewähren von festgeschriebenen Grundrechten, sondern
lediglich das Gewähren von „Gehör“. Um sie dann wieder abzuschieben.Wir sind alle mitverantwortlich für das, was sich im Mittelmeer
abspielt. Wir sind Mittäter, wenn wir es weiter zulassen, daß Europa zur
Festung ausgebaut wird und Flüchtlinge nicht eingelassen werden, sondern
verzweifelt versuchen müssen, durchs Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Und
weiter zu Hunderten, zu Tausenden jämmerlich ertrinken. Es kann keiner sagen,
er habe davon nicht gewußt.

21.09.2014

Kretschmann und Asylpolitik

Zu diesem traurigen Kapitel deutscher Realpolitik paßt, daß der
Bundesrat mithilfe des grünen Ministerpräsidenten Kretschmann das Asylrecht
weiter verschärft hat. Nun gelten die drei Balkanstaaten Serbien, Mazedonien
und Bosnien-Herzegowina als „sichere
Herkunftsstaaten“, in die Asylbewerber schnell wieder abgeschoben werden
können. Obwohl es zweifelsfrei feststeht, daß Sinti und Roma in diesen Staaten,
ebenso wie im rechtsradikal regierten Ungarn, systematisch unterdrückt und
verfolgt werden.Und der grüne Ministerpräsident mußte sich ausgerechnet von seinem
sozialdemokratischen Amtskollegen Albig massiv kritisieren lassen: „Die Tinte, mit der dieser Kompromiss
geschrieben wurde, kommt geradewegs aus dem Gefrierschrank.“Jubel erntete der Grünen-Politiker für seine Zustimmung zur Verschärfung
des Asylrechts natürlich von der Springer-Presse. Ulf Poschardt rief auf der
Titelseite der „Welt“ „ein Hoch auf
Kretschmann“. Das sind also die neuen Freunde der Grünen. Wie weit kann man
noch sinken in die Niederungen, in den Morast deutscher Realpolitik?

21.09.2014

Snowdon, Sascha Lobo

„Weltweit
haben die Dokumente von Edward Snowden zunächst einen antidemokratischen
Spähapparat enthüllt. In der Folge haben sie auch massives Regierungsversagen offenbart, ein totales, vollständiges,
nachhaltiges Versagen demokratischer
Kontrolle. Und zwar genau auf der Ebene, für die Verfassungen ursprünglich
geschrieben wurden, zum Schutz der Bürger vor den Staatsgewalten.“(Sascha Lobo, „SPON“)

21.09.2014

Antisemitismus und Robin Williams

Zum Zustand der hiesigen bürgerlichen Reaktionäre und des Antisemitismus
hat Magnus Klaue für „Jungle World“ Einträge aus dem Leserforum von „Zeit
Online“ zusammengestellt, die den Tod des großen US-Schauspielers Robin
Williams kommentiert haben:

„Eine dumme Amisau
weniger. Danke dir lieber Gott.“ – „Gut gemacht Robin du feige nichtsnützige
US-Transe.“ – „Diesem US-Schergen und Terror-Fürst sollte man in den Sarg
Kacken.“ – „Ich schlage vor man bombardiert die Beerdigung dieses fanatischen
pro-jüdischen Terror Psychopathen.“ – „Säufer, Kinderschänder, Judennazi. Nix
dolles an dieser Terror-Schwuchtel.“ usw. usf.

Der Fehler, den Robin Williams gemacht hat: Er hat, aus einer
anglikanischen Familie stammend, zeitlebens seine Solidarität mit Israel
bekundet; er hat sich als „honorary jew“, als „Jude ehrenhalber“, bezeichnet
und trat z.B. als Entertainer bei Festveranstaltungen der Shoah Foundation auf.
So etwas verzeihen die antisemitischen Deutschen nicht.Deutschland trauert um Robin Williams, im Jahr 2014.

21.09.2014

Wahlbeteiligung, Quorum, Nichtwähler - ein Vorschlag zur Güte

Die Wahlbeteiligung bei den jüngsten Landtagswahlen: Sachsen 49,2%.
Thüringen 52,7%. Brandenburg 47,9%. Man fragt sich, ob so etwas noch Gültigkeit
haben sollte – bei jedem Bürgerbegehren muß es ein Mindestquorum von
abgegebenen Stimmen geben, warum gilt das nicht bei Landtagswahlen? Sagen wir
fünfzig Prozent? Wenn nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten nicht mehr bereit
ist, überhaupt ihre Stimme abzugeben, dann stimmt doch wohl etwas nicht mit der
Narration von der Demokratie.Der Bundeswahlleiter stellte sich nun hinter den Vorschlag der
SPD-Generalsekretärin, Wahlen sollten an mehreren Tagen der Woche stattfinden,
und Wahllokale sollten auch in Einkaufszentren eingerichtet werden. Soll es
dann für diejenigen, die dann wählen gehen, auch Rabattmarken an der
Supermarktkasse geben?Niedlich, wie hier die WählerInnen wieder einmal nicht ernst genommen
werden – als ob man den WählerInnen nur Bonuspunkte im Supermarkt versprechen
müsse...Vielleicht würde ein besseres politisches Programm helfen? Die Leute
sind es in der Postdemokratie einfach leid, nur zwischen sich angleichenden
politischen Programmen auswählen zu müssen, also eben keine Wahl zu haben, und sie sind es leid, immer nur das kleinere
Übel oder eine Protestpartei wählen zu sollen. Und von den Marginalisierten,
für die man ständig verschärfte Hartz-IV-Gesetze als moderne Arbeitshäuser
errichtet hat, kann man nicht ernsthaft erwarten, daß sie bereitwillig wählen
gehen, um sich erneut denen zu unterwerfen, die für die neoliberalen Gesetze
zuständig sind.Aber wie wäre es denn, wenn man begönne, die Nichtwähler als politisch
handelnde Subjekte ernst zu nehmen? Wenn man also die Sitze in den Parlamenten
im Verhältnis zu den nicht abgegebenen Stimmen unbesetzt ließe und damit dokumentierte,
daß das Wahlvolk mit den Politikern nicht einverstanden ist? Klar, in Sachsen
oder Thüringen würde die SPD dann hart an der 5%-Klausel entlangschrammen, und
die so stolze Wahlsiegerin CDU käme in Thüringen auch nur auf etwa 17 und selbst
in Sachsen nicht einmal mehr auf 20 Prozent. Das ist nämlich die eigentliche
Realität – diejenigen, die da so tun, als ob sie 39% oder 28% oder 12% der
Wählerstimmen erhalten hätten, haben zwar aufgrund des derzeitigen Wahlgesetzes
einen entsprechenden Anteil der Sitze in den Parlamenten, aber eben in Sachsen
oder Thüringen nicht einmal die Hälfte der entsprechenden Wählerstimmen – alles
andere ist eine Mogelpackung.

21.09.2014

Die Entdeckung Deutschlands im Internet

Gibt man auf Amazon „Die Entdeckung Deutschlands“ ein, nicht nur, um das
bei Verbrecher erscheinende neue Buch von Britta Lange über einen
Propagandafilm aus dem Ersten Weltkrieg, der zugleich einer der ersten
deutschen Science-Fiction-Filme ist, zu suchen (denn das Buch kauft man
natürlich im Buchhandel...), sondern vor allem um den nämlichen Film von 1916
„Die Entdeckung Deutschlands durch die Marsbewohner“ zu finden, bekommt man
weder das eine noch den anderen angezeigt, wohl aber, auf Platz 2 von 1.112
Ergebnissen, „The Vampire Diaries – Staffel 4“, und ebenfalls auf der Topseite
der Suchergebnisse noch „Dexter – Staffel 2“, und einen „Riesling, Rheinhessen,
trocken, von 2010, das 6er Pack zu EUR 43,95“.Alles klar, was die Entdeckung Deutschlands angeht, oder? Eben alles ein
Pack – aber was für eins! Manchmal auch ein 6er Pack...(wenn man den Link in der entsprechenden Rundmail des
Verbrecher-Verlages anklickt, gelangt man allerdings ebenfalls nicht zu dem
beworbenen Buch, sondern, Stand 5.9. 12:09 Uhr, zu einem Roman über einen
Vater-Sohn-Konflikt, mit einem „SED-Funktionär,
der nach mehreren Schlaganfällen sein Sprachvermögen verloren hat“. Es ist
eben ein Kreuz, wenn Deutsche über Propaganda informieren wollen...)

31.08.2014

Albumcharts USA

Noch nie wurden in den USA pro Woche so wenig Alben verkauft wie Ende
August – in der vorletzten Augustwoche wurden nur noch 3,97 Alben verkauft, ein
historischer Tiefstand. Und dabei sind die Downloads bereits eingerechnet. Mit
nur 90.000 verkauften Alben konnte man Platz 1 der US-Charts erobern. It’s
called STREAMING, baby!Interessant wäre es natürlich, wieviele Alben in Deutschland pro Woche
verkauft werden. Die deutsche Musikindustrie hüllt sich bekanntlich in
omertahaftes Schweigen und gibt keinerlei Zahlen bekannt – obwohl (oder gerade
weil) es doch längst die Spatzen von den Dächern pfeifen: Wenn alle
AbonnentInnen dieses Rundbriefes in der gleichen Woche das gleiche Album kaufen
würden, wäre diesem Album ein Einstieg mindestens in die TOP 15 der deutschen
Album-Charts sicher...Hinzufügung 21.9.2014:Und dazu paßt die Nachricht, daß Apple das neue U2-Album verschenkt, als
kostenlosen Download in seinem iTunes-Store – klar, gekauft hätte das Teil eben auch praktisch niemand... Im Gegenteil,
im Netz wird hauptsächlich die Frage diskutiert, wie man die ungeliebten und
unerwünschten Tracks der Combo des irischen Steuerflüchtlings, den Bono-Spam
also wieder loswird. “Even if you don't
download the album, it's sitting there in your purchases, pissing you off.“
(Bob Lefsetz)Mit ausgesprochen gewählten Worten kritisierte übrigens der US-Rapper
Tyler the Creator, regelmäßiger Gast auf den Playlists dieses Hauses, die
verzweifelte Apple-U2-Marketingkampagne auf Twitter, nämlich, parental advisor
– explicite content! bitte erschrecken Sie nicht!, so: „Fuck you Bono you old fuck I don’t want you on my phone nigga bitch
stupid glasses fuck Bono!“ Besser hätte ich das jetzt auch nicht ausdrücken
können.All dies hinderte Teile des deutschen Popfeuilletons allerdings nicht,
den Werbegag des kalifornischen Unternehmens so zu rezensieren, als ob eine
neue Mozart-Sinfonie entdeckt worden sei – embedded journalism eben, „wir
wollen Teil einer Kulturindustrie und ihres Vermarktungsprozesses sein“,
unbedingt und allzeit bereit.

31.08.2014

E-Books dürfen nicht weiter verkauft werden

Ein deutsches Gericht hat gesprochen, und was konnte man anderes
erwarten, als daß, hugh!, eine Nutzer-feindliche, die digitale Realität des 21.
Jahrhunderts außer Acht lassende Entscheidung herauskommen würde:Anbieter von E-Books und Hörbuch-Downloads dürfen den Weiterverkauf
ihrer Dateien untersagen – damit ist höchstrichterlich entschieden, daß für
Deutschland und für diese digitalen Inhalte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs
zum Handel mit gebrauchter Software nicht
gilt, sondern die Richtlinie zum Urheberrecht der Europäischen Union.Für die Käufer von E-Books bedeutet dies:

Sie dürfen
hierzulande weiterhin drastisch überteuerte Preise für E-Books bezahlen
(wozu nicht zuletzt der erhöhte Mehrwertsteuersatz von 19% für E-Books im
Gegensatz zu 7% für gedruckte Bücher beiträgt – förderungswürdiges
„Kulturgut“ ist für die deutsche Politik eben nicht der Inhalt eines
Buches, sondern einzig seine Drucklegung...).Sie sind
weiterhin den kleingedruckten Geschäftsbedingungen der E-Book-Händler
unterworfen, die in der Regel wie z.B. Amazon festlegen, daß die Käufer
ihre E-Books nur ausleihen, nicht kaufen, weswegen die Händler die E-Books
auch löschen, wenn die Geschäftsbeziehungen mit den Online-Händlern
beendet werden...Die Daten,
die die LeserInnen von E-Books beim Lesen ihrer Bücher anhäufen, werden
weiterhin von den E-Book-Konzernen unter kompletter Mißachtung des
Datenschutzes ausgelesen und weiter verwertet, ohne daß die LeserInnen an
irgendeiner Stelle widersprechen könnten.Aber weiterverkaufen
dürfen E-Book-LeserInnen ihre E-Books nicht, wenn die E-Book-Konzerne das
nicht wollen. Verbraucherschutz wird nicht nur kleingeschrieben, er ist an
dieser Stelle schlicht nicht vorhanden. Da kann die Bundesregierung noch
so sehr von einer digitalen Agenda plappern, an solchen Tatsachen zeigt
sich, daß dieses Land, was die digitale Realität angeht, immer noch in der
Steinzeit lebt.

Der Lobbyistenverband der deutschen Verlage und des Buchhandels, der
„Börsenverein des Deutschen Buchhandels“, begrüßte diese Entscheidung als
„wichtiges und positives Signal“, und schob die eigenwillige Begründung
hinterher, schließlich würde der „Primärmarkt zusammenbrechen“, wenn sich ein
„Gebrauchtmarkt“ für E-Books und Hörbücher etablieren würde. Ganz so, wie ja
bisher schon der Primärmarkt des Buchhandels zusammengebrochen ist, seitdem die
im guten alten Gutenberg-Stil gedruckten Bücher in Antiquariaten gehandelt
werden, wie wir alle wissen.

22.08.2014

Xavier Naidoo hat nicht alle am Christbaum

Daß der Sakropop-Schnulzensänger Xavier Naidoo nicht alle am Christbaum
hat, wissen Sie als aufmerksame LeserInnen dieses Blogs natürlich schon
lange. Jetzt tritt der hierzulande als „Soulsänger“ durchgehende Xavier Naidoo
auf Demos der Neuen Rechten auf, wie Georg Diez auf „SPON“ berichtet:

„Xavier Naidoo ist
ein Erweckungs-Säusler mit einem gläubig-treuen Millionenpublikum; er ist auch,
wie sich jetzt herausgestellt hat, ein politischer Irrläufer, der für neue
rechte Überzeugungen steht.Hinter all dem
Schmuse-Schmarrn, der seine Musik schon immer schwer erträglich gemacht hat,
hinter all dem Gottes-Gewimmer, das in atheistischen Zeiten schon als Glauben
durchgeht, hinter all dem Ich-singe-wie-Deutsche-sich-Soul-vorstellen-Klimbim
steckt ein Mensch, der sich aus seinen Ressentiments eine Weltanschauung
gezimmert hat. Bei dieser werden Verschwörungstheorien, Demokratiefeindlichkeit,
Nationalismus, Antiamerikanismus, Antikapitalismus und Friedensgeraune zu einer
dunklen Suppe verrührt, wie sie auf den neurechts-gekaperten
Montagsdemonstrationen seit Monaten serviert wird.“

Musik zur Zeit also.

22.08.2014

Frei ist das Netz noch lange nicht...

„Frei ist das Netz
schon lang nicht mehr“, kritisiert Sandro Gaycken in der „Süddeutschen
Zeitung“ sehr zurecht die sogenannte Digitale Agenda der Bundesregierung. Im
Netz ist sein Artikel allerdings, frei ist das Netz noch lange nicht, am
Erscheinungstag bei Süddeutsche.de nicht zu finden...

30.07.2014

Sommerloch 2014

Bleibt das Sommerloch.
Mit den üblichen schönen, kleinen Nichtigkeiten. Ein Musiker namens Adam Levine
hat zum Beispiel ein „namibisches Unterwäschemodell“ geehelicht. Finden Sie das auch so
einen schönen Begriff? Namibisches Unterwäschemodell. Was für ein Berufsziel!

Deutschlands bekanntester Abmahnanwalt Thomas Urmann, dessen Kanzlei
„Urmann und Collegen“ letztes Jahr Schlagzeilen machte mit Massenabmahnungen
wegen angeblich rechtswidriger Nutzung des Streaminganbieters RedTube zulasten
von Urmanns Mandanten, die „mal in einem
Schweizer Briefkasten und mal in Afrika wohnten“ (Markus Kompa auf
„Telepolis“), dieser Abmahnanwalt muß sich derzeit vor Augsburger Gerichten
selbst wegen Insolvenzverschleppung, Untreue und Betrug in Zusammenhang mit
einer Gundelfinger Wurstfabrik verantworten. Sind halt alles topseriöse Leute,
die einen wie die anderen, und ein unbedingt und jederzeit topseriöses Geschäft,
die ganze Abmahnerei.

Ebenfalls topseriös ist auf alle Fälle Boris Becker, ob er nun gerade
auf einem Buddha sitzt oder sonstwo daneben. Was ich mich allerdings frage – es
gibt Menschen, die sich im Internet Fotos anschauen, die Boris Becker dort einstellt?
Im Ernst?!?

Unterdessen erzählt Lana Del Rey den Medien, sie habe versucht, sich im
Pop-Geschäft nach oben zu schlafen – laut „SPON“ hat sie in einem Interview
berichtet, sie habe schon „mit vielen
Männern aus dem Musikbusiness geschlafen“, allein, die hätten ihr aber „nicht bei der Karriere geholfen“, was
das Popsternchen als „nervig“ bezeichnet.
Tschah, was soll ich sagen: es ist eben nichts mehr, wie es nie war. Die einen
Musiker barmen heutzutage, daß sie von Streamingdiensten zu wenig Geld bekommen
und deshalb weniger verdienen als ihre Zahnärzte. Die anderen Musikerinnen
wollen unser Mitleid, weil es nicht geholfen hat, mit „vielen Männern aus dem
Musikbusiness geschlafen“ zu haben. Was für eine Welt.

Letzten Endes am besten gefallen hat mir allerdings die Schlagzeile auf
der Titelseite des kurz „Österreich“ genannten Umsonst-Blättchens unseres
Nachbarlandes: „Wurst attackiert
Gabalier“ (denn: „Er trifft keinen
Ton richtig.“) heißt es da. Und wenn es nicht so völlig Wurst und
sommerlochig wäre, würde ich feststellen, daß man das kaum besser, schöner
& wahrer sagen kann: „Wurst attackiert Gabalier“! Man stelle sich vor.
Herrlich.

30.07.2014

Bobby Womack: Soul - Musik für Menschen, die um ihr Überleben kämpfen

„Ich stehe
nun mal für Soul, die großartigste Musik überhaupt, und wissen Sie, warum? Weil
sie dich mit deiner Seele verbindet. Es ist eine Sache, eine gute Show
abzuliefern. Da siehst du akrobatische Tänzer, grelle Kostüme, Menschen, die in
den Himmel fliegen – aber das ist nicht Musik, das ist Entertainment. Ich aber
singe über eine innere Wirklichkeit. Über die Hölle am Tag und die Hölle in der
Nacht, dann, wenn alles still wird und du nicht mehr davonlaufen kannst. Ich
singe das nicht nur für mich. Sondern für alle Menschen, die um ihr Überleben
kämpfen.“Bobby Womack, R.I.P.!

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