Wer profitiert von den Streamingdiensten, wer profitiert von Spotify
& Co? Die Musiker, ich habe es schon oft erwähnt, barmen und wimmern: „Wenn
man nicht Rihanna ist, ist Streaming unfair“ (Tubbe). Klar, die einen verkaufen
mehr Streams als die anderen, nur: das Honorar pro Stream ist immer das
gleiche. Aber würden sich Musiker hinstellen und behaupten; „Wenn man nicht
Rihanna ist, sind CDs unfair“? Wohl eher nicht, das wäre dann doch zu doof.
Jetzt hat der französische Musikindustrieverband SNEP bei Ernst &
Young eine Studie in Auftrag gegeben und bezahlt, in der ausführlich analysiert
wird, wer denn nun was verdient am Streaming. Die Zahlen sind aus Frankreich
und können nicht im Detail auf andere Länder übertragen werden, allein schon
wegen unterschiedlicher Relevanz des Streamings, aber auch wegen
unterschiedlicher Mehrwertsteuersätze u.a.m. Wohl aber kann der Gesamttrend
hochgerechnet werden, und der ist eindeutig: Neben den „MusikkonsumentInnen“
(also den Musikhörern, die Musik bei Streamingdiensten hören) sind die
Großkonzerne der Musikindustrie, die Majorlabels und die großen Musikverlage,
die Hauptprofiteure des Musikstreamings. Dagegen bekommen weder die
MusikerInnen noch die UrheberInnen einen nennenswerten Teil vom Kuchen ab, was
zum einen an mangelhafter gesetzlicher Regelung, zum anderen und vor allem aber
an für Musiker sehr ungünstigen Verträgen mit ihren Labels liegt. Und die
Streamingdienste arbeiten übrigens auch (noch?) nicht profitabel.
Wie gesagt, man muß die Ergebnisse der Studie genau betrachten und mit
Vorsicht verwenden. Und die Zahlen, die von den Medien sofort verbreitet
wurden, geben nur unzureichend Auskunft über das, was wirklich passiert, denn
was dabei in aller Regel nicht berücksichtigt wird, sind zwei Faktoren: Zum
einen hat die Studie nur die Einnahmen von Premium-Abos untersucht, die z.B.
von Spotify oder Deezer für 9,99 Euro monatlich angeboten werden; die Einnahmen
aus den mit Werbung finanzierten kostenlosen oder den billigeren Abos wurden
nicht berücksichtigt. Aber selbst bei Betrachtung der Premium-Abos ergeben sich
interessante Zahlen, die der Wiener Musikwirtschaftsforscher Peter Tschmuck in
seinem Blog so zusammengefaßt hat:
Wenn eine MusikliebhaberIn in Frankreich pro Monat EUR 9,99
an Spotify oder ähnliche Dienste bezahlt, dann verbleiben davon EUR 2,08 beim
Streamingdienst selbst. EUR 1,67 gehen
an den Fiskus vor allem in Form von Umsatzsteuer. Die verbleibenden EUR 6,24
werden an die Rechteinhaber ausgeschüttet. Den größten Teil – und zwar 73,1
Prozent oder EUR 4,56 – erhalten die Labels, die i.d.R. auch den Anteil der
InterpretInnen von EUR 0,68 an diese auszahlen. Die verbleibenden EUR 1,00
erhalten die UrheberInnen und Verlage über die Verwertungsgesellschaften.
Besonders wichtig scheinen mir dabei die von Tschmuck
verwendeten Prozentzahlen, denn die realen Zahlen können sich ja ständig
ändern, allein schon durch die unterschiedliche Menge an gestreamten Tracks
oder der Streaming-Abonnenten. Genau: Die Plattenfirmen und Verlage behalten den Großteil
der Streaming-Einnahmen, und sie geben den KünstlerInnen nur ein paar Brotkrumen
ab. Das ist nichts Neues, das ist das, was wir erwartet haben, jetzt aber ist
es durch eine Untersuchung der Musikindustrie zweifelsfrei ans Tageslicht
gekommen.
Bitte bitte, liebe KünstlerInnen und UrheberInnen: Wenn ihr
euch zukünftig über zu geringe Streaming-Einnahmen beschwert, beklagt euch
bitte nicht über Spotify & Co, sondern über eure Plattenfirmen und Verlage,
die prima Profit mit Streaming machen und euch davon nichts abgeben! Der
Musiker Dieter Meier (Yellow) hat letztes Jahr eine Art Musikergewerkschaft,
eine „United Artists“ gefordert, damit MusikerInnen endlich gerecht bezahlt
werden – angesichts der neuen Zahlen, die einmal mehr beweisen, wie Musiker von
der Musikindustrie übers Ohr gehauen werden, scheint diese Forderung wichtiger
denn je.
(den immer lesenswerten Blog „Musikwirtschaftsforschung“ der
Internationalen Gesellschaft für Musikwirtschaftsforschung in Wien findet man hier).