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09.01.2023

Arte-"Tracks" wird eingestellt! (Update)

Weiter unten können Sie die Exklusiv-Meldung lesen, dass der französisch-deutsche Fernsehkanal Arte das erfolgreiche Popkultur-Magazin "Tracks" in seiner jetzigen Form einstellt.
Dazu ein Update - denn jetzt hat das Medienmagazin "Altpapier" (MDR) über den Fall berichtet, über den es „im deutschsprachigen Raum meiner Wahrnehmung nach bisher nur einen halböffentlichen Hinweis gibt, und zwar im Newsletter des Konzertveranstalters Berthold Seliger".

„Altpapier" berichtet:
„Der Sender selbst betont auf Anfrage, dass davon, dass "Tracks" eingestellt werde, nicht die Rede sein könne. Der Grund: Den Ableger "Tracks East", der nach dem russischen Angriff auf die Ukraine entwickelt wurde und für den "Dialog mit dem Osten" steht bzw. "osteuropäischen JournalistInnen und Kulturschaffenden das Wort überlässt" (Senderdarstellung), gibt es weiterhin. Diese "dringend empfehlenswerte Serie von Reportagen aus Osteuropa" ("Süddeutsce Zeitung" im September) habe für einen "erhebliche(n) Zuwachs an Relevanz" für die Marke "Tracks" gesorgt, sagt Wolfgang Bergmann, der für die Sendung(en) zuständige Arte-Koordinator, im ZDF auf Anfrage. Ausdruck dieser Relevanz dürfte auch eine Nominierung für den diesjährigen Deutschen Fernsehpreis gewesen sein. "Tracks East" hat viel Lob verdient, allerdings mit der "klassischen" Magazinsendung "Tracks" eher wenig gemein.
Mindestens "ein halbes Jahr" werde es "Tracks East" noch geben, sagt Bergmann, und auch danach will man auf ähnliche Weise kurzfristig mit ähnlichen Konzepten auf aktuelle weltpolitische Entwicklungen reagieren, die jetzt noch gar nicht absehbar sind."

In Frankreich ist kurz nach Weihnachten beim Medienkritikportal "Arrêt sur images" ein Artikel zu "Tracks" erschienen. Darin erklärt Gianni Collot, ein Regisseur, der zeitweise für die Sendung arbeitete:

Es ist eine Fernsehsendung, es ist keine Shampooflasche (…) 'Tracks' ist nicht nur ein Name".
Es entstehe, so Collot weiter, ein großes Loch. Kulturell und kreativ (…) Die neuen Künstler von heute, wer wird darüber sprechen? (…) Der kleine Raum, den Kunst und Gegenkultur hatten, ist tot. Und natürlich bietet Arte nichts, um ihn zu ersetzen."

 

09.01.2023

Klasse Satz: Stereolab

Ist natürlich eine LIedzeile, aber gut:
„Solidarity can bring sense in this world – La Resistance!”
(Stereolab, French Disco)

 

09.01.2023

Kulturpass für 18-Jährige: Wie eine gute Idee in der grünen Kontrollgesellschaft torpediert wird

Die Idee stammt aus Frankreich (mit einer Vorgängerin in Italien) und ist nicht völlig schlecht: In Frankreich steht allen jungen Menschen mit ihrem 18. Geburtstag ein Kultur-Guthaben in Höhe von 500 Euro zur Verfügung, über das sie relativ frei verfügen können. Auf reinen Verkaufsplattformen wie Amazon oder bei Streamingdiensten wie Spotify oder Netflix darf njr begrenzt Bonusguthaben ausgegeben werden. Die sogenannte „private Wirtschaft“ trägt, darunter Firmen wie Apple, Facebook oder Google, trägt etwa 80 Prozent der Kosten.
 
Die von der grünen Staatsministerin für Kultur stolz präsentierte Kopie des französischen „pass Culture“ dagegen hat viele Schwächen. Mal abgesehen davon, dass nur 100 Millionen Euro zur Verfügung stehen, im ersten Jahr (ab dem 2. Quartal 2023) aber 750.000 Bürger:innen 18 Jahre alt werden, die den deutschen „Kulturpass“ von jeweils 200 Euro erhalten sollen – wer im Matheunterricht nicht aufgepasst hat, kann seinen Taschenrechner rauskramen und wird feststellen, dass 750.000 mal 200 nicht 100 Millionen, sondern 150 Millionen Euro ergibt – das wäre der Betrag, den die Regierung im Haushalt veranschlagen müsste, wenn sie wirklich alles dafür tun wollte, dass tatsächlich alle 18-Jährigen eines Jahrgangs von den Segnungen des Kulturpasses profitieren.
 
Noch problematischer aber sind die Einschränkungen in dem Konzept, dass von Claudia Roth (Grüne) und Christian Lindner (FDP) präsentiert wurde: Auf keinen Fall sollen die Gelder dort ankommen, wo junge Menschen gemeinhin kulturell aktiv sind, nämlich bei Streaming-Plattformen. Toll, wie gut sich die grüne „Kulturbevormundungsministerin“ (Martin Hufner in der „nmz“) in die digitale Lebensrealität junger Menschen einfühlt! Kultur ist, so wollen es die Kulturnation Deutschland und ihre oberste Vertreterin, nur dann Kultur, wenn sie in regionalen Kultureinrichtungen wie „Kinos, Theatern, Konzerthäusern, Museen, Gedenkstätten, Kulturzentren, Parks und Schlössern oder Clubs“ genossen wird (wie schön, dass sie am Ende ihrer Aufzählung noch die Kurve gekriegt hat, nach all den Theatern und Schlössern…). Soi wie hierzulande bis vor kurzem Literatur nur als Kulturgut galt, wenn sie ordentlich in gedruckten Büchern daherkam statt in digitalen E-Books – die ersteren wurden als Kulturgüter mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7%, die letzteren – weil Goethe oder Thomas Mann digital nun mal kein Kulturgut darstellt – mit 19%.
 
Und alles soll, so will es Frau Roth, unbedingt „bio“, ach nein, Quatsch, nicht bio, sondern „regional“ daherkommen. Die jungen Menschen auf dem Land wird’s freuen – sie bekommen 200 Euro geschenkt, die sie aber nur in Kinos, Theater, Konzerthäusern, Schlössern oder Clubs ausgeben dürfen, die es aber auf dem Land dummerweise häufig gar nicht gibt – während digitaler Musik- oder Filmgenuss, der allüberall abzurufen wäre, verpönt bleibt, da sei grüne Kulturpolitik vor. Pro forma sagt man den jungen Menschen, dass sie frei wählen können, welche Kulturangebote sie mit dem neuen Kulturpass nutzen wollen. In der Praxis sind es aber die Ministerin, Ministerialbeamte und Kulturbürokraten, die in der grünen Kontrollgesellschaft entscheiden, welche Angebote überhaupt zum Kulturpass gehören: Streaming: nein, Vinyl (das ausdrücklich erwähnt wird) oder Kino: ja. Teure Konzertkarten: nein, die Tickets werden mit einer Preisobergrenze versehen (adieu Beyoncé…). Und welche Buchhandlung, welches Multiplexkino, welcher Konzertveranstalter darf denn nun als „regional“ gelten? Wer bekommt letztlich das Claudia Roth-Gängelungs-Siegel „lokale Kulturanbieter“ verliehen?
 
Wie gesagt, die Idee ist grundsätzlich gut. Und man könnte ja auch dafür sorgen, dass die 200 Euro auf verschiedene Kulturformen aufgeteilt werden müssen, damit die jungen Bürger:innen auch die Vielfalt der Kultur kennenlernen können. Etwa, indem sie jeweils sagen wir mindestens 20 Euro für Konzerte, Theater/Opern, Museumsbesuche, Bücher/Comics/Graphic Novels und Filme ausgeben müssen – der Rest steht zur freien Verfügung, und alle Beträge sind ohne irgendwelche Einschränkungen, können also auch für Streaming oder zum Beispiel für die Konzerte bundes- oder weltweit agierender Konzertveranstalter ausgegeben werden. Oder für Musikunterricht…
 
(und dass die Bundesregierung erst eine App konstruieren will, die ihr Kultur-Bevormundungssystem in die digitale Praxis umsetzen soll, macht zusätzlich Sorge: man weiß ja leider nur zu gut, wieviel hierzulande die Programmierung einer brauchbaren App kostet – die „Corona-Warn-App“ hat bislang mehr als 220 Millionen Euro gekostet…)

 

09.01.2023

Finanzkapitalismus: Neil Young-Song in Werbespot!

Was ist noch trauriger, als all die alten Musiker:innen, die für zig Millionen und für noch ein paar Millionen mehr die Rechte an ihrer Musik an Private Equity-Konzerne oder an vom Finanzkapitalismus getriebene Musikverlage verkauft haben?
Genau, es sind die alten Musiker, die die Rechte an ihrer Musik an Private Equity-Konzerne oder an vom Finanzkapitalismus getriebene Musikverlage verkauft haben, und die dann rumjammern, dass diese Konzerne ihre Musik für beliebige Werbespots nutzen.
Zum Beispiel der von mir als Musiker und Songwriter wirklich über allen Maßen geschätzte Neil Young. Er hat einen Fünfzig-Prozent-Anteil an 1.180 seiner Songs für einen irrsinnigen Betrag an den von Merck Mercuriadis in einer Steueroase betriebenen „Hipgnosis Song Fund“ verkauft, und nun barmt Neil Young, dass Hipgnosis seinen Song „Old Man“ für ein Commercial an die NFL verdaddelt hat. Mit Verlaub, was hat der Meister denn erwartet? Dass der nette Herr Mercuriadis die 1.180 Songs wie seinen Augapfel hütet und sie nur teuer erworben hat, um sie sich und seinen Lieben im Vinylformat zuhause vorzuspielen, während es aus dem Kamin knistert?

 

09.01.2023

Streaming, Aktionäre, Musiker:innen

Der Musik-Streamingdienst Apple Music hat erstmals seit seiner Gründung die Abonnements-Preise erhöht, und zwar um etwas mehr als zehn Prozent, nämlich um einen Dollar, einen Euro oder ein Pfund auf nunmehr $ 10,99, GBP 10,99 bzw. € 10,99. Laut Apple Music war die Preiserhöhung notwendig, weil die Lizensierungskosten gestiegen seien. Außerdem würden Künstler:innen und Songwriter:innen so künftig mehr beim Streamen ihrer Musik verdienen (MBW).
Und was ist sofort passiert? Genau: Die Aktien der Musikrechtehändler sind gestiegen!
Die Aktie der Universal Music Group (UMG), des weltgrößten Musikkonzerns, legte beispielsweise gleich nach der Bekanntgabe der Gebührenerhöhung um 11,4 Prozent zu, der Hipgnosis Songs Fund, einer der großen Player im Geschacher um Musikrechte, konnte ein Plus von 7,8 Prozent verzeichnen. Die Musikindustrie kann sich die Hände reiben – ob wenigstens ein paar Brösel vom großen Extraprofit auch bei den Musiker:innen ankommen werden, darf bezweifelt werden.
Gut jedenfalls, wenn Sie Aktien von Musikkonzernen besitzen!
Schlecht, wenn Sie einfach nur Musikhörer:in sind. Dann zahlen Sie künftig drauf…

 

09.01.2023

Zur sozialen Situation der Beschäftigten in der Musikindustrie, hier: Der Boss der Warner Music Group

Apropos: Die Warner Music Group (WMG) legte laut „Musikwoche.de” per Pflichtmitteilung Gehalt und Bonuszahlungen ihres neuen CEO Robert Kyncl offen: Der Warner Music-Boss erhält ein jährliches Basisgehalt von zwei Millionen US-$. Hinzu kommt ein an das Erreichen bestimmter Unternehmensziele gebundener Bonus von über drei Millionen Dollar. Außerdem erhält Kyncl ab dem ersten vollen Jahr in Diensten des Konzerns ein Paket an Aktienoptionen mit einem Volumen von zehn Millionen Dollar. Macht gut 15 Millionen Dollar im Jahr. Nice. Wollen Sie mal ausrechnen, wie viele CDs des Warner Music-Konzerns wir kaufen oder wie viele Streams der WMG-Künstler:innen wir abspielen müssen, um allein diesen Betrag einzuspielen?
Aber das ist noch nicht alles: „Zusätzlich erhält der neuen CEO nach seinem ersten Jahr bei der WMG im Januar 2024 einmalig Optionen im Wert von noch einmal zehn Millionen Dollar“, weiß die „Musikwoche“ – diese Optionen können über vier Jahre verteilt gezogen werden und sind ebenfalls ans Erreichen bestimmter Unternehmensziele geknüpft.
Ach ja: Weil Herr Kyncl für seinen neuen Job umziehen muss, nämlich nach New York, erhält er auch eine kleine Umzugshilfe von seinem neuen Arbeitgeber: Er kann Umzugskosten bis zur Höhe von, ähem, 500.000 Dollar zur Erstattung bei seinem neuen Arbeitgeber einreichen.
Soll nochmal einer sagen, die Musikindustrie darbe…

 

09.01.2023

Jodie Foster sagt ja zur modernen Welt

„Und wir sagen ja zur modernen Welt“ (F.S.K.):
In einem Interview mit dem französischen Rundfunk anlässlich des Filmfestivals von Cannes wurde Jodie Foster gefragt, ob sie der großen Epoche der Filmpaläste nicht nachtrauere. Sie lachte und sagte, sie würde notfalls auf der Apple Watch Filme schauen. Keine Nostalgie, kein Verzagen, sondern gleich an den nächsten Film.
(laut „Süddeutsche Zeitung“)
 

09.01.2023

Rekord! Kunze schreibt über 460 Songs in einem Jahr!

Der Dauerschwurbler, Gender-Verächter und Studienrätinnen-Liebling Heinz Rudolf Kunze („Gendern ist eine Form von Tollwut“) ist auch nicht ganz ohne Schaden aus der CoronÄra herausgekommen:
„Ich habe in jedem der beiden Corona-Jahre mehr Songtexte geschrieben als ich je im Leben veröffentlicht habe. 2021 waren es über 460.“
Ach, wenn doch nur ein einziger guter oder doch wenigstens okayer Song dabei wäre…

 

09.01.2023

From Dope to Rassism

Nicht wenige Musiker:innen sind ja nicht wenig durcheinander.
Da gibt es die NewAgeigen (mir ist gerade aufgefallen, welch schöne Abkürzung es ergibt, wenn man das „Age“ von „New Age“ zu age-igen adjektiviert…) wie Nena, der wohl nicht zu helfen sein dürfte. Aber es gibt auch die reaktionären Altstars wie den veritablen Rassisten und Faschisten-Freund Eric Clapton (der schon 1976 bekannte: „I used to be into dope, now I’m into rassism“ – ach, wenn er doch beim Kiffen geblieben wäre…) oder den ebenso veritablen Antisemiten und Israelfeind Roger Waters – niedlich, wie seine Tourveranstalter ihre komplette Ahnungslosigkeit und Teilnahmslosigkeit an politischen und kulturellen Diskursen manifestieren, indem sie sich zwar öffentlich von Roger Waters‘ „politischer Agenda“ distanzieren, aber gleichzeitig bekennen, die Verträge seien zu einer Zeit geschlossen worden, „bevor der Künstler Aussagen getätigt hat“ (also bereits vor 2006 für 2023?!?) „oder wir Kenntnis über einzelne Statements hatten, die wir problematisch finden“. Die Kolleg:innen lesen also keine Zeitungen und ignorieren das Internet oder Social Media komplett – interessant…
Ein bisschen ein anderer Fall scheint mir dagegen Kanye West zu sein, der ganz offensichtlich „durchgeknallt“ ist beziehungsweise psychische Probleme hat. Ihm kann sicher geholfen werden…

 

09.01.2023

SXSW, Berlin und der Axel Springer-Konzern

Im März werden wieder weite Teile der Musikindustrie nach Austin/Texas zu den „South By Southwest-Conference and Festivals“ (SXSW) pilgern, der längst weltgrößten Messe für die Musik-, Film- und Tech-Industrien. Seit 1987 findet die SXSW statt, zunächst von unabhängigen örtlichen Initiativen als Musikfestival mit den Schwerpunkten Rootsrock und Alternative Country gegründet, das sich immer weiter ausweitete, von der Stadt Austin und dem Bundesstaat Texas schon bald als ideale Möglichkeit des Stadtmarketing und Nation Building begriffen wurde und sich über die Jahre eben zur riesigen Veranstaltung entwickelt hat, nicht zuletzt auch dank der Erweiterung um das in Texas und speziell in Austin so bedeutende „New Tech“-Szene.
Ich erinnere mich noch gut an die vielen tollen Konzerte mit bekannten und unbekannten Bands bei der SXSW in den 90er und frühen 2000er Jahren. Man konnte dort großartige Bands in kleinen Clubs und Bars sehen und ggfs. unter Vertrag nehmen (yours truly hat in Austin zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Calexico, den Fleet Foxes oder den sagenhaften Lullaby For The Working Class vereinbart).
In den letzten Jahren wurde die SXSW immer mehr zu einer riesigen Kommerz-Veranstaltung, in der die wichtigen Konzerte nicht mehr im Rahmen des Festivals, sondern in riesigen, von Großkonzernen betriebenen Zelten und Hallen stattfanden, und die gesamte Stimmung mutierte zu einer Mischung aus Oktoberfest und Dantes Inferno. Und neue Bands kann man bei der SXSW schon lange nicht mehr „signen“…
Die SXSW wurde häufig kopiert, mal weniger (PopKomm), mal mehr erfolgreich wie beim Hamburger Reeperbahn-Festival, das im Grunde eine gut gemachte Kopie der SXSW darstellt inklusive massiver Finanzierung des Hamburger Stadtmarketings.
 
Angesichts dieser Erfolgsgeschichte (also sowohl des SXSW an sich als auch der Hamburger Reeperbahn-Erfolgskopie) kamen auch einige Berliner (absichtsvoll nicht gegendert) auf eine glorreiche Idee: Die SXSW müsse sich doch auch in Berlin veranstalten lassen! Also an dem Ort, wo bisher alle einschlägigen Versuche, eine brauchbare Popkultur-Messe und Konferenz an den Start zu bringen, kläglich gescheitert sind.
Initiatoren von „SXSW Berlin“ waren die US-amerikanische Penske Media Group (die auch zu 50 Prozent an der SXSW beteiligt ist) und, man höre und staune: Der Axel Springer-Konzern (also die Axel Springer Media Group). Laut „taz“ soll mit dem bundesdeutschen Konzert- und Ticket-Großkonzern CTS Eventim „als Partner ins Boot geholt“ werden, und an den Planungen des Events soll auch der bestens in der Branche, aber auch in der Politik vernetzte Michael Hapka, von 2021 bis 2020 CEO der Anschutz Entertainment Group (u.a. Betreiber der Mehrzweckhalle am Ostbahnhof), beteiligt sein.
Der Berliner Senat – federführend wohlgemerkt: der Wirtschafts-, nicht der Kultursenat, klar! hier geht es ja um die sogenannte „Kreativwirtschaft“, nicht etwa um „Kultur“… – war natürlich sofort Feuer und Flamme und hat für ein mehrtägiges Tech- und Musikfestival „SXSW Berlin“ im August 2023 laut „taz“ einfach mal so eben 14 Millionen Euro Unterstützung in den Haushalt eingesetzt, angelegt auf vier Jahre.
Das war der Plan – ein Plan, der natürlich zu keinem Zeitpunkt mit der reichhaltigen Club- und Konzertlandschaft Berlins abgesprochen worden war – die staatlichen und privatwirtschaftlichen Funktionäre der Kreativwirtschaft beschließen solche Konzepte üblicherweise über die Köpfe der „Kreativen“ hinweg. Dumm nur, dass der Plan mittlerweile gescheitert ist, und da die großspurigen Planer ihr Konzept 2023 nicht umsetzen können, hat der Senat die Förderung mittlerweile zurückgezogen. Provinzielle Bauchlandung mit Ansage, würde ich sagen.
 
Besonders interessant und pikant ist aber, dass ausgerechnet der Axel Springer-Konzern, dessen Medien doch sonst immer den „privaten Markt“ bejubeln, der angeblich „alles regelt“, dass ausgerechnet die Axel Springer Media Group also mit ihren rund 4 Milliarden Euro Jahresumsatz beim Senat um Millionen-Unterstützung bettelt, sobald sie mal etwas Neues entwickeln und an den Start bringen möchte. Die schärfsten Kritiker der Elche…

 

09.01.2023

Klasse Satz: Christian Geissler

„Der Krieg wird nicht von denen abgeschafft, für die er auf die eine oder andere Weise ein Gewinn ist, ein Gewinn entweder im Bereich wirtschaftlicher Macht oder ein Gewinn im Bereich geistiger und geistlicher Macht. Der Krieg wird abgeschafft werden von denen, für die er einfach nur der gemeine Tod ist. Von uns. Oder von niemandem.“
(Christian Geissler am Antikriegstag 1965)

 

09.01.2023

Printverächter schalten subventionierte Touranzeigen im Print

Lustig, wie die Kolleg:innen des Tourveranstalters der Band Die Nerven in einer taz-Anzeige verlautbaren lassen, dass die Band auf Tour gehen und dabei „so viele Termine“ spielen werde, „dass sie niemals hier Platz finden würden. Deswegen raten wir, sich im Internet dazu zu informieren.“
Soweit so gut, Anzeigenplatz so so teuer, Tourveranstalter so so arm, fair enough, I don’t blame them.
Aber dann fügt der Tourneeveranstalter noch diesen rätselhaften Satz hinzu:
„Seltsam, dass ihr immer noch Print lest.“
Kann man so sehen – dann ist es aber vor allem seltsam, dass man Medien-Präsentations-Deals mit einer (noch) gedruckten Tageszeitung eingeht und dort, im „Print“, seltsamerweise Anzeigen schaltet, die von just dieser Tageszeitung subventioniert werden.
Oder?

 

09.01.2023

Letzte Generation klebt sich in der Elbphilharmonie an

Ein Gruß geht raus an die beiden Aktivist:innen der „Letzten Generation“, die sich am Geländer des Dirigentenpults der Elbphilharmonie Hamburg angeklebt hatten, aber nicht bedacht haben, dass das Geländer nur eingesteckt ist – so hat man sie einfach irgendwo im Flur der Elphi abgestellt…

09.01.2023

Max Mordhorst barmt: Bürger:innen sprechen Bundestagsabgeordneten an!

Max Mordhorst (Name nicht erfunden, Namenskalauer verboten!) barmt am 15.12.2022 auf Twitter, dass er von Bürger:innen angesprochen wird – was er als „Belästigung“ empfindet:
„Am Eingang ins Reichstagsgebäude werden Abgeordnete mutmaßlich von Mitgliedern der Letzten Generation belästigt, angesprochen und behindert.“
„Mutmaßliche“ Bürger:innen, die ihre Abgeordneten ansprechen – was für ein Skandal!

 

09.01.2023

Martin-Büsser-Straße

Es ist ja nicht alles schlecht. Manchmal gibt es einen kleinen Hoffnungsschweif am Horizont der Ödnis. Dieser hier schien über dem Mainzer Himmel auf:
Dort hat der Ortsbeirat Mainz-Neustadt auf Antrag der Fraktion der Grünen und der Linken die Pfitznerstraße in Martin-Büsser-Straße umbenannt.
Dies ist nicht nur ein überfälliger, symbolischer Schritt hin zur Anerkennung der „populären Kultur“, sondern eben auch ein Politikum: Statt des ollen Nazi-Komponisten Hans Pfitzner der große Musikkritiker und Pop-Theoretiker Martin Büsser, der übrigens in einem seiner letzten Texte (nämlich in Opak 4/2010, womit auch an das wunderbare Opak-Magazin erinnert sei) geschrieben hat: „Mittelgroße Städte sind somit ein Musterbeispiel an Toleranz.“
Marit Hofmann schrieb einmal in „Konkret“: „All die Bluffer und Blender, Spinner und Scharlatane, Macker und Eventmanager müssten, ginge es im Kunstbetrieb mit rechten Dingen zu, vor Scham im Boden versinken, wenn sie Martin Büssers Stimme vernähmen. Ohne je dem Dünkel linker Gesinnungsrichter zu verfallen, wusste Martin zwischen Kunst und Gewerbe zu unterscheiden. Auf sein unbeirrtes Urteil bleibt in dieser Welt des schönen Scheins Verlass.“

 

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