Deutschlands Fernsehen Weltklasse!
„Wir haben in Deutschland das beste Fernsehen der Welt.“
Sagt der deutsche Fernsehschauspieler Heiner Lauterbach.
Wo? Im Deutschen Bundestag. Im Ernst jetzt.
„Wir haben in Deutschland das beste Fernsehen der Welt.“
Sagt der deutsche Fernsehschauspieler Heiner Lauterbach.
Wo? Im Deutschen Bundestag. Im Ernst jetzt.
Auch die Rezensionen klassischer Konzerte geben mitunter Rätsel auf oder können erheitern:
Christiane Tewinkel schreibt im Berliner „Tagesspiegel“ über ein Konzert des Dirigenten Teodor Currentzis und des MusicAeterna-Orchesters, und sie beginnt mit dem Wichtigsten, denn den wichtigsten Satz soll man ja bekanntlich immer zuerst aufschreiben:
„Teodor Currentzis trägt keinen Frack wie andere Dirigenten, sondern Röhrenjeans.“
Wie jetzt – stülpt er sich die Röhrenjeans irgendwie über den Kopf, oder wie darf man das verstehen, daß er sie „statt“ des Fracks trägt? Und untenrum? Was trägt er untenrum, wenn seine Röhrenjeans ja schon oben als Frackersatz dient?
Rätsel über Rätsel.
Mein Freund Wiglaf Droste versteht es wie kaum ein anderer, die Dinge kunstvoll geschliffen und ebenso vergnüglich auf den Punkt zu bringen. Zum Thema „Erdogan und die Nazis“ beginnt seine aktuelle Kolumne so:
„Wenn führende Repräsentanten einer Kultur, zu deren Lieblingsbeleidigungen ein ödes »Mutterficker!« genauso gehört wie das immerhin etwas originellere »Sohn eines ungewaschenen Eselspimmels!« die Vertreter einer Gesellschaftsform, die in der Kunst der Beleidigung selten über »Arschloch!«, »Wichser!«, »Hurensohn!« oder »Schweinehund!« hinauskommt, als »Nazis!« beschimpft oder ihnen »Nazimethoden!« vorwirft, hat das die Relevanz eines Tamagotchi-Kläffens.“
Aber natürlich kann kein erbärmliches Tamagotchi-Kläffen weit genug entfernt sein, als daß nicht die hiesige Politik endlos darüber schwadronieren und die hiesigen Medien ausführlichst darüber berichten würden. Man könnte sagen: sie haben nichts anderes zu tun, oder: ihnen fällt sonst nichts ein. Wahrscheinlicher aber ist, daß sie so von all den wahren Problemen und Skandalen dieser Gesellschaft abzulenken suchen, mit denen sich auseinanderzusetzen ihnen wenig wünschenswert erscheint.
(den kompletten Erdogan/Nazi-Text von Wiglaf Droste vom 18.3.2017 finden Sie hier)
„Stupid German money“ – so lautete einige Jahr lang der Begriff für die deutschen Filmfördermittel, an denen sich Hollywood bedienen konnte, wenn Großproduktionen mit Brad Pitt, Tom Cruise usw. in Babelsberg oder München hierzulande abgedreht wurden. Es war schon klar: für besonders smart oder gar intelligent hielt die US-Filmindustrie die Deutschen nicht, die ihnen das Geld wahlweise in den Rachen warfen oder in den Hintern schoben.
Dann war es damit vorbei, die Bundesregierung plante, die Filmförderung bis 2017 ganz einzustellen, und die Großproduktionen wanderten nach Prag oder nach Großbritannien ab, je nachdem, wer gerade mit den höchsten Zuschüssen warb. Die Serie über die Berliner Charité wurde beispielsweise in Prag gedreht.
Das wollten die deutschen Kulturpolitker*innen nicht hinnehmen, und vor allem hat wohl jemand Finanzminister Schäuble erklärt, daß mit jeder Million, die er an Zuschüssen zahlt, ein paar Millionen Einnahmen in Deutschland bleiben, denn das ist mittlerweiel part of the deal: es muß vom Förderempfänger nachgewiesen werden, daß die Produktion ihr Geld in Deutschland ausgegeben hat.
Nun wurde der Filmfördertopf nicht auf null gesetzt, wie ursprünglich geplant, sondern glatt verdoppelt: Statt 75 Millionen Euro sollen 2017 150 Millionen Euro fördern. Doch hierbei geht es natürlich nicht um Kultur, sondern einzig um Wirtschaftsförderung. 25 Millionen, also gerade einmal ein Sechstel der Fördersumme, wird für die kulturelle Förderung von Filmen eingesetzt. 50 Millionen gehen an den Kinomainstream, also den Deutschen Filmförderfonds (DFFD). Die Hälfte der verdoppelten Fördersumme geht dagegen erstmals an einen neuen Fördertopf namens DFFF2, und zwar ausdrücklich für Großproduktionen, und zwar mit besonderem Augenmerk auf spezialeffektlastige Projekte. Dieser Topf, Hanns-Georg Rodek hat in der „Welt“ darauf hingewiesen, „ist eine Art Lebensversicherung für die deutschen Filmstudios von Babelsberg über München bis Köln. Damit sollen die teuren deutschen Großproduktionen repatriiert werden.“
Wird es dem deutschen Film nutzen? Natürlich nicht. Das deutsche Kino bleibt, wie Jens Friebe eindrucksvoll gesungen hat, das schlechteste der Welt. Auch weiterhin wird jeder noch so ambitionierte deutsche Film, der das staatliche Subventionskino verläßt, nach Tatort, Keinohrhasen und Bergdoktor aussehen, sie können einfach nicht anders. Aber kulturelle Ambitionen hat die Bundesregierung natürlich sowieso keine. It’s the economy, stupid!
Wer zahlt eigentlich für die radioaktiven Altlasten, also für die Lagerung der hochradioaktiven Abfälle? Raten Sie mal. Natürlich nicht die Atomkonzerne, die Riesenprofite gemacht haben. Denn die Bundesregierung hat sich dieser Tage mit den Atomkonzernen RWE, Vattenfall, E.on und EnBW darauf geeinigt, daß die AKW-Betreiber von der Haftung für ihre Atomwirtschaft weitgehend befreit wurden. Sie zahlen 23,55 Milliarden Euro in einen Fonds ein und sind damit aus dem Schneider. Das Geld wird laut Bundesregierung für die Lagerung des Atommülls bis zum Jahr 2099 reichen. Und dann? Wird die öffentliche Hand für den Betrieb der Endlager zuständig sein. Für weitere 100.000 Jahre. Theoretisch, denn wer wollte schon darauf wetten, daß die Menschheit noch so lange existieren wird...
Ach ja: Die Atomkonzerne klagen weiter auf Schadensersatz wegen des Atomausstiegs. Und gegen die Brennelementesteuer. Das dürfte ihnen 11 Milliarden einbringen. Profit wird hierzulande eben immer privatisiert, Kosten dagegen werden vergesellschaftet...
(unter Verwendung eines Artikels von Wolfgang Pomrehn in der jw)
Bei der Oscar-Verleihung haben sie also einen Umschlag mit den Preisträgern verwechselt.
Da konnte das hiesige Feuilleton aber mächtig dankbar sein und wochenlang ausführlich darüber berichten, man hat ja sonst keine Probleme.
Was nur selten zu lesen war: Zuständig für die Verwechslung waren Mitarbeiter des Wirtschaftsprüfungskonzerns PricewaterhouseCoopers, jenes Konzerns, der russischen Oligarchen Persilscheine ausgestellt hat (siehe Yukos), der beispielsweise dem Management der in Bundesbesitz befindlichen und von der Hypo Real Estate ausgegliederten „Bad Bank FMS Wertmanagement“ (über diesen Namen könnte man einen eigenen Essay schreiben...) eine einwandfreie Bilanz attestiert hat, obwohl es dort im fraglichen Geschäftsjahr zu einem Buchungsfehler in Höhe von 55,5 Milliarden Euro gekommen ist, und des Konzerns, der Hand in Hand mit den luxemburgischen Steuerbehörden zwischen 2002 und 2010 verbindliche Steuer-Vorbescheide abgeschlossen hat, die 343 Konzernen drastische Steuerersparnisse ermöglicht haben, u.a. Apple, Amazon, Pepsi, Ikea oder Deutscher Bank. Sie werden sich vielleicht an den „Luxemburg-Leaks-Skandal“ erinnern.
PricewaterhouseCoopers war und ist immer mittenmang bei der sogenannten „Steuerberatung“; bei „Corporate Finance“ und bei finanzieller „Krisenbewältigung“. Daß die irgendwelche Oscar-Umschläge verwechseln, ist wirklich das geringste Problem mit diesem Konzern.
Ach ja: Der Aufsichtsratsvorsitzende der deutschen PricewaterhouseCoopers AG ist eines der 16 Mitglieder der KEF, also des Gremiums, das alle zwei Jahre den gesamten Finanzierungsbedarf von ARD und ZDF überprüft und festlegt, ein Gremium von lauter „unabhängigen Sachverständigen“...
„Leslie Mandoki ist einer der bekanntesten Musik-Produzenten Europas“, jubelt der staatliche Radiosender „Antenne Brandenburg“, und er „komponiert Musik für Audi, den FC Bayern München und die CDU“, ein richtiger Staatskünstler also. Audi, FC Bayern und die CDU, ein echt deutsches ABC der Top-Adressen.
Einmal Dschingis Khan, immer Dschingis Khan.
Ob Udo Lindenberg auch schon für Audi, den FC Bayern und die CDU komponiert hat, kann ich nicht sagen. In einer Anzeige wird jedenfalls das neue Buch von und mit und über Udo Lindenberg angepriesen: „Alle Seiten des Panik-Rockers“ soll es zeigen, und es heißt, wie drollig, „Udo Fröhliche!“ Untertitel: „Das neue Lindenberg-Lexikon von Benjamin von Stuckrad-Barre.“ Ein, im Ernst jetzt, „Bild“-Buch. Also „Bild“ im Sinne von „Blöd“ nach der gleichnamigen Zeitung, Sie wissen schon.
Glauben Sie nicht? Bitte schauen Sie unter udo.bild.de, es gibt Sachen, die kann unsereiner nicht erfinden.
Auch so eine Figur ist der sogenannte Bär Läsker, bekannt geworden als Manager der Musikgruppe „Die Fantastischen Vier“ (deren Logo er sich im Oberarm eintätowieren hat lassen, als stete Erinnerung, wer seine Schecks bezahlt, sozusagen – Sie glauben nicht, welche Bandnamen ich mir in den Oberarm und andernorts habe tätowieren lassen!...) und als Castingshow-Heini. Neuerdings ist der Herr auf dem Vegan-Trip, hat ein Buch zu dem Thema veröffentlicht und ist dabei, die fleischfressende Welt zu missionieren. Unter anderem mit großartigen Weisheiten a la „Latte macchiato ist die Ursuppe der Volkskrankheiten“ oder „Nein zum Tier bedeutet: Ja zu gut.“
In der Woche vor Weihnachten organisiert der Unterhaltungskünstler Frank Zander in Berlin seit etlichen Jahren ein Benefiz-Festmahl für Obdachlose und kredenzt ihnen Gänsebraten. Und was hatte der eingefleischte Berlin-Hasser Bär Läsker („...in Berlin funktioniert nichts, außer Party machen. Vier Tage feiern, das Geld raushauen – das geht in Berlin, Geld verdienen nicht. ... Noch nie habe ich so gespürt, daß ich Schwabe bin“, alle Zitate bis hier „FAS“) beizutragen? Hat er sich angeboten, bei dem Benefiz-Essen für Obdachlose mitzuhelfen und ihnen beispielsweise selbst kreierte vegane Speisen kostenlos zu servieren? I wo. Empathie ist dem Schwaben natürlich ein Fremdwort. Ihm ging es nur darum, Zander anzupinkeln: „Ganz toll, Herr Zander. Das bedeutet, viele hundert Gänse mussten ihr Leben lassen. Aber jetzt ist er wieder ein Held. Die Obdachlosen hätten sich auch über vegane Buletten mit dunkler Soße, Rotkohl und Kartoffelknödel gefreut. Und über einen Mandelmilch-Zimtpudding hinterher. Und kein Tier hätte sterben müssen“, schrieb Läsker auf der Fressenkladde (und ließ den Beitrag paar Tage später löschen).
Läsker hat natürlich völlig Recht, in allen Berichten über das Benefiz-Essen konnte man verzweifelte Obdachlose sehen, die sich heulend und jammernd gegen den von Zander servierten Gänsebraten wehrten und verdammt traurig aussahen, daß sie schon wieder Fleisch essen mußten.
Wie wäre es denn, wenn der Schwabe selbst mit angefaßt und seine tolle Menüidee den Obdachlosen angeboten hätte? Ach ja, ich vergaß, mit so etwas läßt sich natürlich kein „Geld verdienen“...
Manche Gestalten demontieren sich selbst. Und wir dürfen zuschauen und alles dann im mehrbändigen Ordner „erledigte Fälle“ abheften.
Im Jahresrückblicks-Heft des Berliner Stadtmagazins „Zitty“ las ich einen der traurigsten Beiträge des Jahres, nämlich von einer Stephanie Grimm, über ihren „Großen Moment 2016“, und der war für sie der Tod von David Bowie am 11.Januar:
„Das kann nicht sein! Wo doch der Welterklärer meiner Jugend gerade so präsent war: neues Album! Geburtstagssause! Wenig später sitze ich im Flugzeug nach Madagaskar und kann nicht einmal eine Blume in der Hauptstraße ablegen. (...) Nie habe ich Berlin so vermißt, nie war ich so dankbar für das Netzwerk. Auf der Insel weiß niemand, wer Bowie überhaupt ist. Die ersten Abende verbringe ich mit wackeligen W-LAN in einem Garten zwischen Schildkröten und Chamäleons und kann nicht genug davon kriegen, was die Blase postet. Am Ende der Reise finden wir zufällig doch noch einen Ort für Trauerarbeit. Mit dem Boot landen wir in einer Bucht, dort wartet ein sehr schwuler Italiener, Lidschatten und Hotpants, am Strand. In seinem Hostel ist jeden Tag Bowie-Gedenktag, von morgens bis Mitternacht.“
Also, was für traurige Leben manche Menschen doch haben müssen. Da fliegen sie extra nach Madagaskar, eine der auf vielen Ebenen tollsten Inseln der Erde, und das gilt nicht zuletzt für die feine, großartige Musik, die seit jeher aus Madagaskar kommt (Tarika! Mahaleo! Matrimbala! Vaovy! Rakotozafy! um nur mal einige zu nennen...). Und dann sitzen sie dort vor ihren Computern und Smartphones, um tagein tagaus zu verfolgen, „was die Blase postet“, weil Bowie gestorben ist, anstatt am blühenden und wilden Leben teilzuhaben, das vor ihrer Gartentür pulsiert.
Und da soll man nicht zum Kulturpessimisten werden...
In der „FAS“ durfte ich lesen, daß Harald Martenstein, einer der erzreaktionären Kommentatoren unserer geliebten Qualitätspresse mit wöchentlichen Kolumnen in „Zeit“ und „Tagesspitzel“, erbitterter Gegner aller „Gendertheorie“ und überhaupt einer der „publizistischen Anführer der neue Revolte“ (also der aktuellen „Revolte“ von rechts wohlgemerkt), in seinem frühen Leben lange Zeit bei der DKP war.
Das erklärt natürlich einiges, denn Renegaten sind immer die schlimmsten. Kein Katholik ist je so sehr Katholik wie der Konvertierte. Und all die Ex-Kommunisten, die in den Fluren des Axel Springer-Konzerns, von Holtzbrinck, aber auch in Landes- und Bundesregierungen so rumlaufen, müssen sich an die herrschende Meinung, die bekanntlich immer die Meinung der Herrschenden ist, natürlich viel extremer anpassen als alle anderen, sie müssen ständig beweisen, daß sie auch wirklich angekommen sind im modern talking der Eliten und nichts, aber auch gar nichts mehr an ihnen irgendwie „links“ ist.
Man würde ja um einiges lieber in die Kampagne für die Freiheit des Journalisten Deniz Yücel einstimmen, wenn diese Kampagne nicht unter dem Banner „Freiheit für Yücel“, sondern unter „Freiheit für alle Journalist*innen in der Türkei, auch für Deniz Yücel“ segeln würde.
Und wenn in einem zweiten Satz die deutsche Bundesregierung aufgefordert würde, sofort ihre Kumpanei mit der Erdogan-Diktatur aufzugeben und den sogenannten „Flüchtlings-Deal“ zu beenden.
„Das Problem dieser Welt ist, dass die intelligenten Menschen so voller Selbstzweifel und die Dummen so voller Selbstvertrauen sind“, sagte der Dichter Charles Bukowski einmal.
Das ist bisher meine Lieblings-Meldung des Jahres:
Ein Bauer in China hat sich 16 Jahre lang Jura beigebracht, um einen Chemiekonzern zu verklagen, der die Felder der Bauern im Dorf Yushutun bei Qiqihar im Nordosten Chinas vergiftet hat. Der Bauer Wang Enlin hat jetzt seine Klage gegen den staatlichen Chemiekonzern Qihua gewonnen, das Gericht sprach den Bauern Schadensersatz in Höhe von umgerechnet 110.000 Euro zu.
Seit 2001 las der 65jährige Wang Enlin, der nur drei Jahre zur Schule gegangen war, laut der Meldung in der „taz“ in einem Buchladen Gesetze, um seine Klage voranzutreiben. Mit Erfolg.
Diese Meldung hat viel Schönes in sich: Sie zeigt, daß sich Widerstand gegen staatliche Willkür und gegen Willkür von Konzernen lohnt – wo Unrecht Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!
Sie zeigt aber auch, daß sich Bildung lohnt – lernen, lernen, lernen!
Und last but not least ist die Nachricht eins in die Fresse der hierzulande gängigen Propaganda, wonach China kein Rechtsstaat sei – ganz offensichtlich ist es aber in China einem kleinen Bauern möglich, einen staatlichen (!) Chemiekonzert zu verklagen und vor Gericht Recht zu bekommen.
Wunderbar.
Daß die Musikindustrie alle Naslang eine neue Sau durchs Dorf treibt, und daß die embedded Musikpresse, die größtenteils von den Anzeigen der Musikindustrie lebt, darauf genau so reagiert, wie man es erwarten kann, gehört zu den Allgemeinplätzen angesichts des aktuellen Zustands der Musikindustrie und ist mithin eine eher langweilende Aussage.
Aktuelles Beispiel ist die österreichische Schlagerpopcombo Bilderbuch, deren „schwülstiger Renaissance-Pop“ (Johann Voigt in der „taz“) ein passender Sound zum Neobiedermeier unserer Tage darstellt. Und ich kann problemlos erklären, warum diese überaus langweilige Musik nicht nur den Nerv der Twentysomethings trifft, sondern vorher auch selbigen all der Musik- und Kulturjournalist*innen, die unter dem Dach des Axel-Springer-Konzerns publizieren.
Aber bitte, liebe Leute vom „Rolling Stone“, muß man einen eher bescheuerten Song wie „Erzähl deinen Mädels, ich bin wieder in der Stadt“ gleich als Großtat eines „Goldjungen“ ausrufen? Ich lade jedenfalls den Journalisten oder die Journalistin zu einem Freigetränk seiner oder ihrer Wahl ein, der/die als erstes benennt, daß dieser großspurig-dämliche Bilderbuch-Song („Sei nicht sauer, meine kleine Grapefruit, ich schmecke immer noch nach Fruitjuice“) geklaut ist: nämlich ein reichlich maues Remake des großartigen, charmanten und wirklich tollen Songs „So tell the girls that I’m back in town“ von Jay Jay Johanson aus dem Jahr 1997.
Daß dann ein einstmals renommiertes Kulturmagazin im deutschen Staatsfernsehen zu „Bilderbuch“ nur einen Jubel-Promo-Beitrag ausstrahlt, während im einstmals renommierten Kulturmagazin des anderen Programms des deutschen Staatsfernsehens gleich die Band ins Studio eingeladen wird, um völlig unkritische Fragen gestellt zu bekommen und ein Liedchen vortragen zu dürfen, sagt wiederum einiges über den Zustand der Pop-Kritik im öffentlich-rechtlichen Fernsehen aus. Aber, zugegeben: auch das ist jetzt nichts Neues...