Tell the girls that I'm back in town - Original und müder Bilderbuch-Abklatsch
Daß die Musikindustrie alle Naslang eine neue Sau durchs Dorf treibt, und daß die embedded Musikpresse, die größtenteils von den Anzeigen der Musikindustrie lebt, darauf genau so reagiert, wie man es erwarten kann, gehört zu den Allgemeinplätzen angesichts des aktuellen Zustands der Musikindustrie und ist mithin eine eher langweilende Aussage.
Aktuelles Beispiel ist die österreichische Schlagerpopcombo Bilderbuch, deren „schwülstiger Renaissance-Pop“ (Johann Voigt in der „taz“) ein passender Sound zum Neobiedermeier unserer Tage darstellt. Und ich kann problemlos erklären, warum diese überaus langweilige Musik nicht nur den Nerv der Twentysomethings trifft, sondern vorher auch selbigen all der Musik- und Kulturjournalist*innen, die unter dem Dach des Axel-Springer-Konzerns publizieren.
Aber bitte, liebe Leute vom „Rolling Stone“, muß man einen eher bescheuerten Song wie „Erzähl deinen Mädels, ich bin wieder in der Stadt“ gleich als Großtat eines „Goldjungen“ ausrufen? Ich lade jedenfalls den Journalisten oder die Journalistin zu einem Freigetränk seiner oder ihrer Wahl ein, der/die als erstes benennt, daß dieser großspurig-dämliche Bilderbuch-Song („Sei nicht sauer, meine kleine Grapefruit, ich schmecke immer noch nach Fruitjuice“) geklaut ist: nämlich ein reichlich maues Remake des großartigen, charmanten und wirklich tollen Songs „So tell the girls that I’m back in town“ von Jay Jay Johanson aus dem Jahr 1997.
Daß dann ein einstmals renommiertes Kulturmagazin im deutschen Staatsfernsehen zu „Bilderbuch“ nur einen Jubel-Promo-Beitrag ausstrahlt, während im einstmals renommierten Kulturmagazin des anderen Programms des deutschen Staatsfernsehens gleich die Band ins Studio eingeladen wird, um völlig unkritische Fragen gestellt zu bekommen und ein Liedchen vortragen zu dürfen, sagt wiederum einiges über den Zustand der Pop-Kritik im öffentlich-rechtlichen Fernsehen aus. Aber, zugegeben: auch das ist jetzt nichts Neues...