01.07.2024

Staatliche Preisverleiherei, jetzt: Stationäre Plattenläden

Speaking of staatliche Popkulturpolitik:
Ich habe an dieser Stelle ja bereits etliche Male die Kulturpolitik von unverbindlichen Preisverleihungen mit der Gießkanne kritisiert, die hierzulande die dringend nötige institutionelle Förderung der unabhängigen Konzert- und Clubkultur und eine überfällige Anerkennung von Clubkultur (etwa im Baurecht und durch einen gesetzlichen Kulturraumschutz) ersetzt.
 
Aber sie hören einfach nicht auf mit ihrer staatlichen Preisverleiherei.
Jetzt haben die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), also Staatsministerin Claudia Roth, und der VUT einen „Preis für Schallplattenfachgeschäfte“ erfunden. 16 „stationäre“ Schallplattenfachgeschäfte sollen mit einem „Gütesiegel“ und einem Preisgeld ausgezeichnet werden in den Kriterien „Neugründung“, „Innovation“, „strukturschwache Region“ und „bestes Schallplattenfachgeschäft“.
Nun denn, solange es die Plattenläden noch gibt… 
Ein gesetzlicher Kulturraumschutz dagegen würde viele Plattenläden, die meistens aufgrund drastisch gestiegener Mieten aufgeben müssen, retten – oder wenigstens eine Änderung des Gesetzes für gewerbliche Mieten. Aber das wäre ja Politik, so etwas kann man von Politiker:innen wahrscheinlich nicht erwarten.
 
Stattdessen werden mit der Gießkanne ein paar Exemplare einer aussterbenden Art mit einem Preis ausgezeichnet, und bei der Preisverleihung können sich Frau Roth, die VUTler sowie die einschlägigen Kulturfunktionär:innen für die Presse ablichten lassen. Das gibt schöne Bilder, und genau darauf kommt es ihnen allem Anschein nach an.