15.09.2019

Sonny Terry & Brownie McGee spielen nur im Ghetto

Der Musiker Penny Rimbaud erzählt in „The Wire“ von einem großen Folk-Festival, das 1972 in Washington stattgefunden hat. Dort waren auch Sonny Terry und Brownie McGee gebucht (wer mehr über diese beiden Ausnahmemusiker erfahren bzw. von ihnen hören will, sei auf die großartige CD „Conversation with The River“ aus der 49-CD-„World Network“-Reihe hingewiesen, die einen WDR-Mitschnitt von 1980 enthält). Doch Sonny Terry und Brownie McGee weigerten sich, auf dem Festival vorm Weißen Haus aufzutreten, sie würden in Washington ausschließlich im Ghetto spielen. Sie nahmen die Gage, verkündeten all den weißen Folk-Fans: „If you want to see us...“, und spielten ihren Blues im Ghetto, wo die afro-amerikanischen Armen lebten.
„I thought this was a fantastic statement“, merkt Penny Rimbaud an. In der Tat!
Gut, ich weiß, die Zeiten sind heute andere, und in Berlin gibt es keine Ghettos, die mit denen des schwarzen Amerika Anfang der 70er Jahre vergleichbar sind. Aber wäre es nicht ein „fantastisches Statement“ zumindest von sich als politisch verstehenden Bands wie zum Beispiel den Goldenen Zitronen gewesen, wenn sie einfach gesagt hätten: „Hey Leute, danke schön für Einladung und Gage, aber wir spielen heute nicht am Prenzlauer Berg, sondern im Wedding oder in Neukölln.“ Wenn schon die Veranstalter*innen des Pop-Kultur-Festivals nicht auf derartige Gedanken kommen...