19.06.2016

Lyrics & Lyrik. Songtexte vs. Gedichte. Und Wagner

Der „FAZ“ entnehme ich, daß sich unlängst in Leipzig eine interdisziplinäre Tagung mit dem Thema „Lyrics/Lyrik. Über Songtexte und ihr Verhältnis zu Gedichten“ beschäftigt hat.
Dabei ist etwas sehr Überraschendes herausgekommen, nämlich: Songtexte sind keine Gedichte! Wer hätte das gedacht.
„Es sei eben unvergleichlich, ob man Elvis Costellos Lied ‚Alison’ nur lese oder höre, wie der Sänger mit maximaler Verachtung die Zeile ‚Well I see you’ve got a husband now’ intoniert“, berichtet Jan Wiele von der Tagung: „Beispiele für Popsongs, die als Gesamtkunstwerk großartig, auf den Text reduziert aber fast lächerlich wirken, fallen wohl jedem ein paar ein.“

Mir fallen dazu übrigens nicht nur Texte von Popsongs ein, sondern auch der eine oder andere ein wenig lächerliche Text eines Opern-Librettos, was zeigt, daß das Thema, das hier verhandelt wurde, doch reichlich konstruiert ist: Wer würde sich ernsthaft damit geschäftigen wollen, daß zum Beispiel die Zeilen
„Weia! Waga!
Woge, du Welle,
walle zur Wiege!
Wagala weia!
wallala weiala weia!“

aus Wagners „Rheingold“ als Lyrik kaum der Auseinandersetzung lohnen, mit der sie begleitenden Musik aber eine gewisse Berechtigung haben? Oder das
„Hojotoho! Hojotoho!
Heiaha! Heiaha!
Helmwide! Hier!
Hierher mit dem Ross!
Hojotoho! Hojotoho!Heiaha!“

aus der „Walküre“?