Live Nation (und CTS Eventim) zerschlagen!
Im April hat der deutsche Quasi-Monopolist CTS Eventim das Festival- sowie das internationale Ticketinggeschäft vom französischen Medienkonzern Vivendi erworben.
Zu dem Deal gehören See Tickets, das zweitgrößte Ticketingunternehmen in Großbritannien, das auch in anderen europäischen Ländern und den USA erfolgreich ist, sowie die Festival-Division „Vivendi Villages“ (u.a. Junction 2/UK und Garorock/F).
Damit hat CTS Eventim den US-Konzern Anschütz Entertainment Group (AEG) aus dem Feld geschlagen, der für die Vivendi-Töchter ebenfalls ein Angebot abgegeben hatte.
Ein weiterer Schritt zum weltumspannenden Konzernnetzwerk von CTS Eventim, dem weltweit zweitgrößten Ticketinghändler und Konzert- und Festivalveranstalter, hinter Live Nation mit seiner Ticketing-Abteilung Ticketmaster.
Aber Moment, war da nicht was?
Richtig: In den USA hat das Justizministerium Hand in Hand mit 30 Bundesstaaten eine Kartellklage gegen Live Nation und die Konzerntochter Ticketmaster eingereicht. Ziel ist die Aufspaltungdes Unternehmens, „das Hunderte bekannter Künstler unter Vertrag hat, selbst Konzerthallen besitzt und durch Ticketmaster große Teile des Markts für Konzertkarten beherrscht“, so der „Spiegel“.
Es geht um die Gleichzeitigkeit von horizontalen und vertikalen Monopolen. Details stehen in meinem 2019 veröffentlichten Buch „Vom Imperiengeschäft“ (nach drei Auflagen derzeit vergriffen, aber noch günstig als E-Book erhältlich). Gerade diese doppelte Monopolisierung erstickt den Wettbewerb – zum Nachteil von Musiker:innen (jenseits der Superstars), vor allem aber auch zum Nachteil der Fans und der unabhängigen Konzertszene.
US-Justizminister Merrick Garland fordert: „Es ist an der Zeit, Live Nation zu zerschlagen“, weil Live Nation „monopolistische Kontrolle über die Live-Events-Branche ausübt, die auf Kosten der Fans, Künstler, kleineren Veranstalter und Betreiber von Veranstaltungsorten geht.“
Gut gebrüllt, bravo!
Die Situation in Deutschland und in Europa ist ähnlich wie die in den USA. CTS Eventim verfügt ebenfalls über ein horizontales und vertikales Monopol, das sogar noch dadurch verstärkt wird, dass auch viele Einrichtungen der öffentlichen Hand (Konzert- und Opernhäuser, Philharmonien und Museen) ihre Tickets über CTS Eventim vertreiben. Gleichzeitig ist CTS Eventim mit seinen Tochterfirmen deutschland- und europaweit der größte Festivalveranstalter, der größte Tourneeveranstalter und betreibt Spielstätten, von der Kölner Lanxess-Arena bis zur Berliner Waldbühne, um nur zwei zu nennen.
Natürlich können wir lange darauf warten, dass ein deutscher Justizminister die „Zerschlagung von CTS Eventim“ fordert, klar. Das liegt auch am zahnlosen Kartellrecht hierzulande – aber vor allem an mutlosen und inkompetenten Politiker:innen egal welcher Couleur. Die meisten haben das Problem der Monopolisierung des Konzert- und Ticketing-Geschäfts nicht verstanden – und die wenigen, die es verstanden haben, knicken eher vor dem Großkonzern ein, als sich für die Interessen von Musiker:innen, unabhängigen Konzertveranstaltern und vor allem von Millionen Fans, die überteuerte Tickets bezahlen müssen, einzusetzen.