Holy hostages! Holy Gaza!
Foto: Oliver Nielsen
Was war das für eine großartige Tournee des Patti Smith Quartets!
Patti und ihre Musiker in Top-Form, wunderbares Publikum – wirkliche „Ereignisse“ im schönsten Alain Badiou-Sinn.
Fast 40.000 Menschen hatten daran bei den neun Deutschland-Konzerten Anteil und wurden Teil einer Community.
Und nebenbei bemerkt war das damit auch die erfolgreichste und umsatzstärkste Tournee in der nun auch schon mehr als 37-jährigen Geschichte dieser kleinen Agentur – for what it’s worth.
Nur ein paar Philosemiten kamen nicht umhin, Haare in der Suppe zu finden. Patti Smith würde angeblich mit dem BDS paktieren (stimmt nicht) und man solle deswegen nicht zu den Konzerten gehen; manche behaupteten gar, sie sei eine „Antisemitin“ (absurd) und was sonst noch an Fake News zur Verfügung stand.
Zunächst: Wer wollte angesichts des unsagbaren Leids in Gaza nicht gegen das Vorgehen der israelischen Streitkräfte und gegen die Politik der zum Teil rechtsextremen israelischen Regierung protestieren? All meine israelischen Freunde und Geschäftspartner gehören zu den mehreren Hunderttausend Demonstranten, die sich immer wieder gegen die Politik Netanjahus auflehnen. (Am Rande: 300.000 und mehr Demonstrant:innen in Israel sind so viele, wie wenn in den USA über 10 Millionen Menschen gleichzeitig gegen Trump auf den Straßen wären…)
Allerdings: Wer in Deutschland gegen die israelische Politik protestiert, ohne die reaktionäre Hamas zu verdammen, und wer „Zusammen für Gaza“ reklamiert, ohne Freiheit für die israelischen Geiseln und das Niederlegen der Waffen der Hamas zu fordern, der ist nicht nur geschichtsblind, sondern eben schlicht antisemitisch.
Patti Smith hat auf mehreren ihrer Juli-Konzerte, unter anderem auch in Berlin, aus Allen Ginsbergs „Footnote to Howl“ rezitiert und das legendäre
„Holy! Holy! Holy! The world is holy! The sould is holy! The skin is holy! The nose is holy! The tongue and cock and hand and asshole holy! Everything is holy! everybody’s holy!“ um einige improvisierte Zeilen erweitert:
„The hostages are holy!“
Kein Beifall in Berlin, keine Reaktion.
„Gaza is holy!“
Stürmischer Beifall.
Bezeichnend.
In Stuttgart meinten einige, auf das „Gaza is holy!“ mit Sprechchören „Free Palestine!“ reagieren zu müssen.
Pattis Reaktion, nach einigen Sekunden des Schweigens: „Free everybody!“
Da ward den lautstarken Vereinfacher:innen schnell und nachdrücklich das Maul gestopft.