Hanno Loewy: Universalismus vs. Identitätsdenken
Und dann war da noch der kluge Hanno Loewy, der große Intellektuelle unter den deutschsprachigen Museumsmacher:innen, der als langjähriger Direktor des Jüdischen Museums Hohenems nun in Pension geht und im „Standard“ ein bemerkenswertes Interview gegeben hat.
Darin sagt er unter anderem:
„Trump ist doch ein mit Allmachtsfantasien durch die Gegend laufender Hooligan.
Aber natürlich habe ich mich an dem Tag, an dem die Waffen schwiegen, gefreut. Ganz einfach, weil endlich einmal das Sterben aufgehört hat und die Geiseln freigekommen sind. Aber hat das Sterben wirklich aufgehört? Und gelöst ist natürlich gar nichts. Niemand weiß, wie das Wunder aussehen soll, das komplett kaputte Gaza für die Menschen wieder aufzubauen.
Und das Drama der Siedlergewalt im Westjordanland? Der Konflikt ist nur dann lösbar, wenn alle Seiten aufhören, davon zu träumen, dass die anderen einfach weg sind. Sowohl die postkolonialen Gaza-Protestierenden, die meinen, Israel sei ein reines Kolonialprojekt, als auch jene Israelis, die meinen, sie könnten die Palästinenser vertreiben. Sie alle leben seit Jahrtausenden in der Region, beide haben auch das Recht dazu.
STANDARD: Sie sagen oft, das Problem ist das Identitätsdenken, sowohl von links als auch von rechts.
Loewy: Ich würde behaupten, Identitätsdenken ist per se rechts. Und wenn Linke meinen, sie
müssen im postkolonialen Diskurs nun auch damit anfangen, dann sind sie keine Linken
mehr für mich. Sie geben das Wichtigste auf, das für mich mit „links“ zu tun hat: den Universalismus.


