Gefahr! Der Kulturstaatsminister steht hinter uns und öffnet Türen, knallt sie aber vor den Clubs wieder zu
Wäre doch eigentlich ein schönes Thema für den Kulturstaatsminister: Einhegung der Macht der Ticketingkonzerne. Organisieren von bundesweitem kommunalem Ticketing, um Fans, Veranstalter und Musiker:innen zu unterstützen. Deckelung der Vorverkaufsgebühren.
Ich meine, falls Herr Weimer, dieser Hans Dampf in allen Sackgassen, gerade mal Zeit hat und sich nicht um die Profite seines Medienkonzerns – kann es in Ordnung sein, wenn ein Staatsminister damit Geld verdient, dass Kabinettskollegen in einer Veranstaltung seines Familienunternehmens auftauchen und Leuten, die 80.000 Euro für die Teilnahme an dieser Veranstaltung auf den Tisch legen, „Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger“ versprochen wird? – oder die Urheberrechtsverletzungen der von ihm herausgegebenen Zeitschriften, wo Politiker und sogar verstorbene Intellektuelle ohne ihr Wissen als Hausautoren ausgegeben wurden, oder um sonstige Skandale kümmern muss.
Natürlich ist auch die CSU heftig mit den Weimerschen Geschäften verbandelt. Der Freistaat Bayern subventioniert den Weimerschen Erhard-Gipfel laut „SZ“ mit 700.000 Euro – kein Wunder, mit Ticketpreisen von 80.000 Euro kann man so eine Veranstaltung natürlich nicht finanzieren, das wird jeder verstehen. Schirmherr des Erhard-Gipfels: Bayerns Ministerpräsident Markus #söderisst Söder. Der Weimers Veranstaltung auch gerne als „bayerisches Davos“ adelt. Und als der Herr Staatsminister noch der Journalist Weimer war, hat er sich angemessen revanchiert und 2021 laut „SZ“ für Söders Kanzlerkandidatur geworben: Weimer stellte Söder als „erfolgreichen Macher und Wohlstandsgarant“ dar, und alle würden „Sehnsucht nach einem Aufschwung-Kandidaten wie Söder“ verspüren…
Das alles wäre ein bisschen weniger übel, wenn Weimer eine einigermaßen erfolgreiche Bilanz als Kulturstaatsminister vorlegen würde. Aber da ist ja nicht viel, wenn man mal von den fast täglichen Pressemitteilungen seines Amtes absieht. Darin geht es meistens um Themen, für die Weimer gar nicht zuständig ist oder, noch schlimmer, für deren Bewältigung ihm nicht nur jede fachliche, sondern vor allem auch jede politische Kompetenz fehlt, etwa, wenn er die „Zerschlagung von Google“ („Handelsblatt“) fordert…
Das der Staatsminister für Kultur und Medien lediglich einer dieser Populisten ist, an denen die politische Landschaft heutzutage so überreich ist, zeigt sich an einem aktuellen Beispiel: Bei der jährlichen Almosen-Verteilung an Musikclubs und Veranstalter namens „Applaus Award“, bei der in München 1,7 Millionen Euro an 88 Preisträger:innen verteilt wurden, konnten Weimers Worte gar nicht groß genug sein: „Die Bundesregierung steht hinter euch!“, behauptete der Kulturstaatsminister laut „Musikwoche.de“, und: „Auch deshalb sind wir eine Kulturnation: Wegen des beeindruckenden Reichtums kultureller Institutionen in der Fläche und der breiten Palette regionaler Exzellenz. Die zentrale Aufgabe von Kulturpolitik ist es daher, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Clubs auch in Zukunft ihre Türen öffnen können: durch die ständige Weiterentwicklung passgenauer Clubförderprogramme sowie durch Verbesserungen beim Bau- und Immissionsschutzrecht. Wir werden alles dafür tun, Clubs auch weiterhin tatkräftig zu unterstützen."
Was es konkret bedeutet, wenn diese Bundesregierung „Rahmenbedingungen schafft, damit Clubs auch in Zukunft ihre Türen öffnen können“, und was es in Wirklichkeit bedeutet, wenn Weimer & Co. „alles für die Clubs tun“ (nämlich, Spoiler: nichts!), zeigte sich zeitgleich bei der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag, wo CDU, CSU und SPD zwar den Festivalförderungsfond um zwei Millionen € aufgestockt haben, die Clublandschaft jedoch wieder einmal rechts liegen gelassen haben.
Mankel Brinkmann, der Vorsitzende der LiveKomm, bemängelte denn auch die fehlende finanzielle Unterstützung für Clubs, Venues und unabhängige Veranstalter: „Wir hätten angesichts der gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Situation sowie der wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Betriebe den dringend notwendigen Ausbau der Unterstützung begrüßt und sind daher enttäuscht.” „Kein Lichtblick für die Clubs“ also, wie die LiveKomm in einer Pressemitteilung konstatiert.
Außerdem hat Weimer beim „Applaus“ in München noch vollmundig „Verbesserungen beim Bau- und Immissionsschutzrecht“ angekündigt.
Die Clubs und Venues mussten dagegen feststellen, dass auch 2026 erneut keine konkreten Maßnahmen in diese Richtung geplant sind und das 2024 mit großer Mehrheit beschlossene Schallschutzprogramm auch weiter nicht für eine nachhaltige Finanzierung vorgesehen ist.
Große Worte, nichts dahinter…
Vielleicht könnte der Herr Kulturstaatsminister mal bei Brechts Arturo Ui nachschlagen:
„Ihr aber lernet, wie man sieht, statt stiert
Und handelt, statt zu reden noch und noch“


