23.06.2019

Einige Marginalien zum Ausgang der Europawahlen

Ein paar Gedanken zum Ergebnis der Wahlen zum Europaparlament im Mai:

CDU: 22,6%, minus 7,5%.
Eine saftige Ohrfeige für eine auf allen Ebenen verfehlte Politik. Und einen gewaltigen Anteil an dieser Watschen hat der EU-Abgeordnete Axel Voss, der wider alle Vernunft und gegen die Stimmen von Experten und Wissenschaftlern ein Nutzer-feindliches, aber Konzern-freundliches neues Urheberrecht durchgesetzt hat. Warum die Interessen der Bürger*innen beachten, wenn es doch die Interessen der Großkonzerne gibt? Die Wähler*innen haben gesprochen: Ein Viertel haben sich von der CDU und ihrer schlechten Politik verabschiedet.

SPD: 15,8%, minus 11,4%.
Was soll man da noch sagen. A lost case. Hü und hott auf allen Ebenen. Wir sind gegen die EU-Urheberrechtsreform, deswegen stimmt Justizministerin und Spitzenkandidatin Katarina „Politik ist kein Ponyhof“ Barley für die Reform. Oder: „Wir müssen jetzt handeln! Deshalb wollen wir den europäischen Beitrag für das Klimaschutzabkommen von Paris weiter erhöhen: 45% statt 40% weniger Emissionen bis 2030“ twitterte Katarina Barley am 25.5.2019 (laut Beschluß des Europäischen Parlaments soll der CO2-Ausstoß bis 2030 um 55% reduziert werden – die SPD will also den europäischen Beitrag zum Klimaschutz deutlich reduzieren...). Und so geht das in fast allen Politikfeldern. Seit Jahren und Jahrzehnten. Unglaubwürdigkeit, dein Name ist SPD. Fast 42% der Wähler*innen haben sich von der SPD verabschiedet. Und tschüss.

GRÜNE: 20,5%, plus 9,8%.
Klimapolitik ist es. Und das Versagen und die Unglaubwürdigkeit von CDUCSUSPD haben den Grünen einen großen Wahlerfolg beschert. Die jungen Leute (also alle unter 60 Jahren) wollen sich nicht länger an der Nase herumführen lassen. Und die vielen faulen Kompromisse, die die Grünen landauf landab eingehen, wenn sie wirklich mitregieren, sind vergessen, ebenso, daß sie eigentlich mit #NiewiederCDUCSU und FDP im Bund koalieren wollten, wenn die FDP nicht noch abgesprungen wäre.
„Die Zauberformel der Grünen lautet, gesellschaftliche Fragen auf die Größe von ‚Inhalten’, also einzelne Sachfragen einzudampfen“ (Felix Klopotek).
Aber, liebe Grüne, denkt daran: Ihr habt eure Stimmen von euren Kindern nur geborgt...

DIE LINKE: 5,5%, minus 1,9%.
Sicher, die Linkspartei war nie eine Europapartei, und ihre unsicheren Positionen haben ihr sicher nicht geholfen. Aber wenn die ehemals „große“ Koalition bei solch einer Wahl etwa 18% verliert, und man als Opposition nicht davon profitiert, macht man auch etwas falsch. Gerade in Fragen der Klimapolitik, des Urheberrechts, des Grundrechts auf Wohnen usw. hat „Die Linke“ (sowohl die Partei als auch das gesellschaftliche Milieu) ja jede Menge vernünftiger Positionen – offensichtlich gelingt es aber nicht, diese sinnvoll zu vermitteln. „An der Linkspartei läge es, in der anstehenden Rezession darauf zu beharren, daß beispielsweise eine radikale Klimapolitik und der Feminismus nicht an Relevanz verloren haben“ (nochmal Klopotek). Da wartet ein Berg von Aufgaben...

DIE PARTEI: 2,4%, plus 1,8%.
Interessant fand ich, wie vor den Wahlen alle möglichen und unmöglichen Institutionen, von den Öffis über Igor Levit bis hin zum Reeperbahn-Festival, dazu aufgerufen haben, unbedingt wählen zu gehen, weil man nur so Einfluß nehmen könne, blahdeblah. Aber unmittelbar nach den Wahlen gab es einen ganzen Schwall von Unmutsbekundungen, daß die „Spaßpartei“ derart viele Stimmen gewonnen hatte. „Wie satt und freiheitsvergessen, seine Stimme so zu verschenken“ (der Politikchef von „SPON“, z.B.). Also, liebe Leute, ihr dürft schon wählen gehen – aber wählt gefälligst richtig! Da zeigt sich, wie das mit den „freien Wahlen“ in Wirklichkeit gemeint ist...