David Bowie stirbt in Madagaskar
Im Jahresrückblicks-Heft des Berliner Stadtmagazins „Zitty“ las ich einen der traurigsten Beiträge des Jahres, nämlich von einer Stephanie Grimm, über ihren „Großen Moment 2016“, und der war für sie der Tod von David Bowie am 11.Januar:
„Das kann nicht sein! Wo doch der Welterklärer meiner Jugend gerade so präsent war: neues Album! Geburtstagssause! Wenig später sitze ich im Flugzeug nach Madagaskar und kann nicht einmal eine Blume in der Hauptstraße ablegen. (...) Nie habe ich Berlin so vermißt, nie war ich so dankbar für das Netzwerk. Auf der Insel weiß niemand, wer Bowie überhaupt ist. Die ersten Abende verbringe ich mit wackeligen W-LAN in einem Garten zwischen Schildkröten und Chamäleons und kann nicht genug davon kriegen, was die Blase postet. Am Ende der Reise finden wir zufällig doch noch einen Ort für Trauerarbeit. Mit dem Boot landen wir in einer Bucht, dort wartet ein sehr schwuler Italiener, Lidschatten und Hotpants, am Strand. In seinem Hostel ist jeden Tag Bowie-Gedenktag, von morgens bis Mitternacht.“
Also, was für traurige Leben manche Menschen doch haben müssen. Da fliegen sie extra nach Madagaskar, eine der auf vielen Ebenen tollsten Inseln der Erde, und das gilt nicht zuletzt für die feine, großartige Musik, die seit jeher aus Madagaskar kommt (Tarika! Mahaleo! Matrimbala! Vaovy! Rakotozafy! um nur mal einige zu nennen...). Und dann sitzen sie dort vor ihren Computern und Smartphones, um tagein tagaus zu verfolgen, „was die Blase postet“, weil Bowie gestorben ist, anstatt am blühenden und wilden Leben teilzuhaben, das vor ihrer Gartentür pulsiert.
Und da soll man nicht zum Kulturpessimisten werden...