22.05.2016

ESC 2016

Zu den irrelevantesten Dingen, die Jahr für Jahr in der Welt passieren,
die aber medial immens aufgeblasen werden, gehört zweifelsohne der sogenannte
Eurovision Song Contest. Das ist der ursprünglich mal europäische
Schlagerrockpop-Wettbewerb, an dem die musikalischen Repräsentanten von 26
Nationen (plus Halbfinalisten) teilnehmen und der bundesdeutsche Wettbewerb mit
schöner Regelmäßigkeit den letzten Platz einnimmt.2015 erhielt der deutsche Beitrag null Punkte. Germany: Zero points.
Diesmal war es ebenfalls deutlich abgeschlagen der letzte Platz, aber
irgendwelche europäischen Nachbarn haben sich erbarmt, und es gab elf Punkte
für die bundesdeutsche Interpretin, die „wie
eine betrunkene Weinkönigin aussieht, die beim örtlichen Faschingsfest als
Blumenkiste geht“, und die musikalisch „katatonische
Langeweile“ produziert („NZZ am Sonntag“).Wie gesagt, es ist irrelevant, mit welchem Dreck man an der
Festveranstaltung im Herzen der musikalischen Finsternis teilnimmt – aber daß
die Produkte der deutschen Musikindustrie und des eingebetteten
Staatsfernsehens selbst in diesem Rahmen der musikalischen Trostlosigkeit stets
auf dem allerletzten Platz landen, sollte in einem normalen Leben, in einer
normalen Geschäftswelt doch als Problem gesehen werden. Nicht so bei den
einschlägigen Claqueuren der Mitmachwelt: Dort wird der Blumenkiste einhellig
bescheinigt, „einen tollen Job gemacht“ zu haben, und die Chefclaqueurin
Barbara Schönberger rechnet hoch, daß dieses Jahr elfmal so viel Punkte
rausgesprungen seien als letztes; dabei bleibt elfmal null eben für all
diejenigen, die rechnen können, immer noch null.Ehrlich wäre, wenn die deutsche Mainstream-Musikindustrie und das
Staatsfernsehen zugeben würden, daß sie offensichtlich nichts Geeignetes
hervorbringen können, und in Zukunft nicht mehr am ESC teilnehmen würden.Den weltgrößten Tonträgerkonzern Universal Music, bei dem die deutsche
ESC-Vertreterin unter Vertrag ist, ficht dies alles nicht an. Am Tag nach dem
deutschen ESC-Debakel hat Universal Deutschland einen „Sondernewsletter“
verschickt, Titel: „Jamala gewinnt den
ESC 2016“ – denn auch die ukrainische Sängerin ist bei Universal unter
Vertrag. Vom deutschen Beitrag ist bei der deutschen Universal keine Rede mehr,
man hat ja so oder so gewonnen und kann ein Produkt zu Profit machen, ob es nun
aus der Ukraine oder aus Bennigsen in Niedersachsen stammt.