21.03.2016

Frankreichs Ministerin Taubira tritt zurück - über Haltung in der Politik

In
Frankreich ist die Justizministerin Christiane Taubira von ihrem Amt
zurückgetreten aus Protest gegen ein von Regierungschef Holland geplantes
Gesetz, wonach französischen Staatsbürgern unter bestimmten Bedingungen die
Staatsbürgerschaft entzogen werden darf. Ein Gesetz, das sich natürlich gegen
Migranten richtet und das zwei Kategorien von Franzosen schaffen wird: Auf der
einen Seite die Alteingesessenen, die keinen Staatsbürgerschaftsentzug fürchten
müssen, und auf der anderen Seite die Neufranzosen mit Migrationshintergrund,
die künftig aus der französischen Nation ausgestoßen werden können.Dieses
Gesetz konnte und wollte Christiane Taubira nicht mittragen und begründete
ihren Schritt auf Twitter: „Widerstand zu
leisten erfordert manchmal, daß man geht. In Treue zu sich selbst, zu uns.
Damit das letzte Wort die Ethik und das Recht behalten.“

So
viel Rückgrat würde man sich von Politiker*innen hierzulande wünschen. Etwa von
einem sozialdemokratischen Justizminister, der im Wahlkampf gegen die
Vorratsdatenspeicherung antritt, die er wenig später in ein Gesetz gießt...Doch
Christiane Taubira kämpft weiter – sie hat vier Tage vor der Diskussion über
das reaktionäre neue französische Staatsangehörigkeitsrecht in der
Nationalversammlung einen hundertseitigen Essay zum Thema veröffentlicht,
„Murmures à la jeunesse“. Sie wird sich auch weiterhin einmischen und dicke
Bretter bohren. Antidiskriminatorisch und sozial sensibel. So, wie eine Politik
heute auszusehen hat, die sich nicht haltungslos von vornherein den
einschlägigen Rechtspopulisten in Politik und Medien unterwirft. Taubira
gibt eine Ahnung davon, was Politik sein könnte und vor Jahrzehnten tatsächlich
einmal war: Ein Kampf für Ideen und Konzepte. Politiker*innen standen einmal für
etwas und haben versucht, für ihre Politik Mehrheiten zu gewinnen, statt
einfach dem hinterherzurennen, von dem sie annehmen, daß die Bürger*innen es
wünschen. Politik meinethalben als das Bohren dicker Bretter und nicht als
Niederknien vor ständig neuen Umfrageergebnissen.