08.07.1905

Schadstoff, Diesel, Automobilindustrie

Die
Schadstoffbelastung der vielbesungenen Berliner Luft ist allerdings auch nicht
ohne. Greenpeace hat im Herbst die Belastung der Berliner Luft mit giftigen
Stickstoffdioxiden (NO2) ermittelt; EU-weit darf ein Kubikmeter Luft
im Jahresdurchschnitt maximal 40 Mikrogramm NO2 enthalten. Von den
41 Stellen in Berlin, die Greenpeace untersucht hat, überschritten laut
„Tagesspiegel“ 33 diesen Grenzwert, fünf von ihnen um mehr als das Doppelte. „Berlin verletzt wie andere Großstädte,
allen voran Stuttgart und München, seit Jahren an verkehrsreichen Messstationen
die Vorgabe der EU“.Doch
die gefährlichen Abgase atmet man eben nicht nur auf vielbefahrenen Straßen ein
– „der Dieseldreck macht auch vor heimischen
Schlafzimmern und Kitas nicht halt“. Die Luft in einer Kita, die an einer
verkehrsberuhigten Straße in Berlin-Mitte gelegen ist, lag bei 48 Mikrogramm NO2,
also 20% über dem Grenzwert. Greenpeace hat auch auf „Kleinkindnasenhöhe“
gemessen, etwa an Spielplätzen, wo bis zu 69 Mikrogramm NO2 gemessen
wurde. Ähnlich sah es in Klassenräumen von Schulen aus.Wie
entsteht das für den Menschen so schädliche NO2, das zu einem
deutlich höheren Risiko für Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin
zu erhöhter Sterblichkeit führt? Ganz einfach: Dieselfahrzeuge sind der
Hauptverursacher dieser Luftverschmutzung. Mittlerweile steht fest, daß nicht
nur der Volkswagen-Konzern systematisch die Werte der NO2-Ausstöße
seiner Dieselmotoren manipuliert hat, sondern daß es auch bei den Dieselmotoren
anderer Hersteller entsprechende „Unregelmäßigkeiten“ gab.Eigentlich
kann die Gesundheitsgefährdung der Bürger*innen, vor allem aber der Kinder
durch die NO2-Emissionen durch die Abschaffung der skandalösen
Steuererleichterungen für Dieselfahrzeuge und durch drastische Maßnahmen bis
hin zu Verboten für Dieselfahrzeuge erreicht werden. Doch der Pressesprecher
der Berliner Umweltbehörde winkt ab: „Das
ist rechtlich nicht möglich, und auch unverhältnismäßig, weil der Wirtschaftsverkehr
in Berlin, zum Beispiel Lieferwagen, fast ausschließlich mit Diesel unterwegs
ist.“ Und da die Deutschen ihr Auto lieben, und weil Diesel so billig ist,
und weil die Autolobby die Politik massiv unter Druck setzt, und weil „die
Wirtschaft“ natürlich wichtiger ist als irgendwelche Menschenleben, werden also
weiter die EU-Schadstoffwerte drastisch überschritten, wird die Gesundheit der
Kinder gefährdet – denn was ist wichtiger? Kinder mit Asthma und an Lungenkrebs
sterbende Großstädter, oder das Wohl der deutschen Automobilindustrie?