03.01.2016

Buch- und Zeitschriftenverlage, Autoren & das Urheberrecht

Interessant
ist, wie die Kulturindustrie gegen die kleinen Reförmchen, die die
Urheberrechtsnovelle von Justizminister Maas beinhaltet, ins Feld zieht. Insbesondere
die Möglichkeit, daß Urheber künftig fünf Jahre nach Vertragsabschluß die
Gelegenheit haben sollen, ihre Werke an andere Unternehmen der
Verwertungsindustrie zu verkaufen, erbost die Verwerter. Großverleger
behaupten, dies sei eine „Ausgeburt neoliberaler Logik“ und entlarven sich
damit selbst. Ich will jetzt nicht die Urheberrechts-Reform verteidigen, weil
sie nicht weit genug geht und weit von meinem Vorschlag einer
Urheberrechts-Reform entfernt ist (siehe u.a. hier) – ich habe gefordert, daß
das Urheberrecht nach einem festzulegenden Zeitraum von z.B. fünf oder acht
Jahren automatisch an die Urheber zurückfallen sollte (und dann neu verhandelt
werden kann). Dies ist gängige Praxis bei vielen Indie-Plattenfirmen und hat
nicht etwa dazu geführt, daß alle Bands weggelaufen sind, sondern daß
diejenigen, die sich gut behandelt und fair bezahlt fühlten, gerne einen
Folgevertrag mit ihrem Label unterschrieben haben.

Das scheint
mir das eigentlich Pikante an dem Aufstand der Verwerter und der ihnen hörigen
Bestsellerautoren zu sein: Ein vertrauensvolles
Verhältnis zwischen Urheber und Verwerter scheint ihnen eine wesensfremde
Vorstellung zu sein. Dabei ist es doch das entstandene Vertrauen, das in der
Beziehung zwischen Autoren und Musikern auf der einen und Verlagen und
Plattenfirmen auf der anderen Seite eine langfristige Partnerschaft ermöglicht
– aber eben: eine Partnerschaft, bei
der sich die Urheber auf Augenhöhe
mit den Verwertern bewegen und nicht als deren Spielball, der auf unbestimmte
Zeit zu einmal festgelegten Bedingungen ausgebeutet werden kann. Die Basis der
Partnerschaft sollten gesetzliche Regelungen sein, die die Rolle der Urheber
stärken. Schon der Dominikanermönch Henri Lacordaire wußte Mitte des 19.
Jahrhunderts in Nachfolge des Aufklärers Rousseau, daß es „zwischen dem Starken und dem Schwachen das Gesetz“
ist, „das befreit“.

Und
wenn die Verleger und ihre Lohnschreiber in den Printmedien derzeit behaupten,
daß diese Regelung im neuen Urheberrecht zum „Sterben vieler kleiner Verlage
führen“ werde (was für ein ausgemachter Blödsinn!) und sogar „unsere (sic!)
Demokratie gefährdet“, dann darf man sie mit den Schriftstellern Juli Zeh und
Ilija Trojanow darauf hinweisen, daß es absurd ist, den „klassischen
Interessengegensatz ‚Autor-Verlag’ auf die Beziehung ‚Autor-Leser’ zu
verlagern. In der Logik des Arbeitskampfes wäre das so, als wollte ein
Fließbandarbeiter bei Opel sein Recht auf Bezahlung gegen die Autokäufer
verteidigen“.
Es ist ja durchaus so, daß Verlage und Autoren sowohl unterschiedliche als auch
gemeinsame Interessen haben. Und wenn die „Süddeutsche Zeitung“ behauptet, daß
die geplante Neuregelung eine „strukturelle Schwächung der Verlagsseite“ bedeute,
die dazu führe, daß man „auf dem künftigen Markt allein mit den Global Playern“
sei, die „als Distributor oder Suchmaschine begonnen haben, aber mehr und mehr
ins klassische Verwertergeschäft – auch in der Buchbranche – einsteigen“, dann
wird man fragen dürfen, ob die Global Player des Buchmarkts nicht zuallererst
Bertelsmann und Holtzbrinck sind.
Den Vogel abgeschossen hat Jan Wiele in der FAZ (das ist jene Zeitung, die
freien Autoren ausschließlich sogenannte „Buy Out“-Verträge anbietet, was
konkret bedeutet, daß diese Autoren einmal ein relativ mittelmäßiges Honorar
erhalten und der Text dann für alle Zeiten der FAZ gehört, die ihn allüberall
verwerten und ausbeuten darf – würde der Autor zum Beispiel seinen eigenen Text
in einem Buch abdrucken wollen, müßte er für seinen Text ein Honorar an die
„FAZ“ bezahlen – kein Wunder, daß es keinen einzigen freien Autoren gibt, der
sich bisher gegen die neue Gestzesregelung ausgesprochen hat, die endlich
verbindliche Vergütungsregelungen beinhaltet...). Jan Wiele erklärt die Verlage
in der „FAZ“ gleich zu Co-Autoren, zu „ im Grunde Miturhebern“. Weil sie die
Texte der Autoren drucken? Weil sie Lektoren vermitteln, die mittlerweile
häufig von den Autoren (mit-)finanziert werden müssen? Viel Spaß wünsche ich der
„FAZ“, wenn sie einem Bob Dylan erklären wird, daß seine Plattenfirma Sony
eigentlich ein „Miturheber“ seiner Songs ist... Aber nichts ist absurd genug,
um nicht gegen im Grunde vernünftige Gesetzesentwürfe in Anschlag gebracht zu
werden.
„Nie wieder Streit / Kein Copyright / Nie wieder Krieg / Und nie mehr Musik!“
(The Schwarzenbach)