04.10.2015

Laibach goes Nordkorea

Es war nicht mehr als ein Marketing-Gag, daß die slowenische Band
Laibach kürzlich in Nordkorea auftrat – „als
erste westliche Gruppe überhaupt“, wie die „taz“ und mit ihr im Kanon die
fast komplette einheimische Qaulitätspresse doppelt wahrheitswidrig behauptete.
Denn es gab durchaus bereits westliche Gruppen, die in Nordkorea aufgetreten
sind, man kann es in der Autobiografie „Der patagonische Hase“ von Claude
Lanzmann nachlesen. Und als ich vor etlichen Jahren mal eine Woche in Nordkorea
war (siehe meinen dreiteiligen Reisebericht in „Konkret“, unter „Texte“ auf
meiner Homepage abrufbar), traf ich im Hotel in Pjöngjang mehrere bundesdeutsche
Gruppen aus Darmstadt, die bei einem Musikfestival in Pjöngjang auftraten,
unter anderem einen munteren Chor aus Darmstadt. Da standen nur weder eine
Marketingabteilung einer Plattenfirma noch etliche willige
Feuilletonredaktionen dahinter, weswegen niemand darüber berichtet hat.

Doppelt wahrheitswidrig wird die Inszenierung allerdings durch die
interessante Behauptung, daß die „slowenische Artrockband“ („taz“) Laibach eine
„westliche“ Gruppe sei. Mag ja sein, daß in den Augen der hiesigen Qualitätspresse
das Balkan-Musterländle Slowenien längst zum „Westen“ gehört, nur war Slowenien
nun mal ein Teil Jugoslawiens, und die 1980 gegründete Gruppe Laibach war nun
mal eine jugoslawische Band, die mit ihrem doch sehr speziellen ästhetischen
Konzept so auch nur in einem Ostblockland denkbar war und ist.

Daß und wie die hiesigen Feuilletons auf die Nordkorea-Reise Laibachs
reagiert haben, zeigt aber natürlich, daß Laibach Teil des kulturindustriellen
westlichen Komplexes sind, wenn man das so sagen will. Und daß die „Süddeutsche
Zeitung“ zunächst ihrem Label-Boß, der noch nie in Nordkorea war, ein großes
Interview über Nordkorea spendierte, um wenige Tage später gleich die ganze
Seite 3 für das welthistorisch fürwahr sehr wichtige Ereignis eines Laibach-Konzerts
in Pjöngjang freizuräumen. Eine Seite unter dem sinnigen Titel „Im Disneyland
des Journalismus“, oh, Verzeihung, „des Totalitarismus“ natürlich gabs auch in
der „taz“, die leider nicht selbst dabei sein konnte, sich aber am Telefon
alles ganz genau von der Band erzählen ließ und dazu ein Promotion-Foto
Laibachs abdruckte, das die Band vor einer DPRK-Flagge auf einem Gebäude in
Pjöngjang zeigt – „Foto: Laibach handout“. Bericht: „taz embedded“.