Literaturkritik in der ARD & Hygiene
Doch wollen wir nicht so tun, als ob kenntnisreiche und verfeinerte
Literaturkritik eine Domäne des Rentnersenders ZDF wäre. Nein, die ARD kanns
auch. Dort hält man sich einen Denis Scheck als Literaturmann, der sich
anläßlich der Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse an Jan Wagner, den
Vertreter einer sozusagen „radikalprivatistischen Poesie“ (Jan Kuhlbrodt) zu
dieser Lobeshymne verstieg:
„Jan Wagner schreibt wunderbare Gedichte über so gegensätzliche Themen
wie den Giersch im Garten oder Koalabären, außerdem besitzt er perfekte
Umgangsformen und nutzt sein Dichtertum nicht als Ausrede für schlechtes
Benehmen und mangelnde Körperhygiene. Was kann man von einem Lyriker mehr
erwarten?“
Ja, was kann man von einem Lyriker mehr erwarten, als daß er sich gut
benimmt und der auch einem Denis Scheck ausreichenden Körperhygiene befleißigt?
Vielleicht: passable Gedichte zu schreiben? So weit will Scheck aber nicht
gehen, Gedichte über Koalabären und ein Lyriker mit perfekten Umgangsformen
sind ihm Anlaß genug für seine Lobhudele.Die von Bert Papenfuß und anderen redaktionell betreute
Literaturzeitschrift „Abwärts“ und ihr „Infektionskomitee Abwärts!“ hält
Schecks Diktum jedenfalls konsequent entgegen: „Lyrik wäscht sich nicht“ und
fordert auf, „ungebleichte Texte und Kommentare jeglicher Couleur (bzw. Odeur)
einzusenden.“
Abwärts! ist übrigens genauso wie "Drecksack - Lesbare Zeitschrift für Literatur" eine, wie würde Markus Lanz
sagen?, „sehr, sehr lesenswerte Literaturzeitschrift“ und hilft Ihnen unbedingt
weiter, wenn Sie wieder mal von der generalgereinigten, meisterpropperen Bürgerpresse und deren
nichtssagenden Umgangsformen die Nase voll haben...