Wiener Popmusik
Schon immer waren Wiener Versionen von großen amerikanischen Alben der
Popkultur besonders interessant und eigentlich die einzigen gelungenen
Übertragungen in die deutsche Sprache – ich denke an die Bob Dylan-Songs von
Wolfgang Ambros („Allan wia a Stan“, oder „I bin’s ned“, oder „Denk net noch“) oder
an Ostbahn Kurti, der u.a. Townes Van Zandt genial ins Weanerische übertrug („Liagn
& Lochn“ / „At My Window“). Offensichtlich schmiegen sich einige der
größten Songs amerikanischer Singer/Songwriter „geradezu in Wiener Befindlichkeiten zwischen Schmäh, Angst und Ennui“,
wie Ulrich Kriest in anderem Zusammenhang im August-Heft von „Konkret“
schreibt. Und der andere Zusammenhang ist das Album von „Die Buben im Pelz
& Freundinnen“, die das komplette erste Velvet Underground-Album ins, ähem,
Weanerische übertragen haben. Ich weiß, ich hab auch erst gedacht: Spinnen die?
Sakrileg? Man hat ja den dumpfen kölschen Jong im Hinterkopf, der sich als Bob
Dylan vom Rhein feiern läßt, weil er denkt, er habe His Bobness ins Kölsche
übersetzt, und natürlich sollte so etwas nicht erlaubt sein.
Aber: bei den „Buben im Pelz & Freundinnnen“ funktionierts. Aus „I’m
Waiting For My Man“ wird das tolle „Schwedenplatz“, es gibt „Venus im Pelz“,
„Tiaf wia a Spiagl“ und den „Weana Blues“. Es ist nicht alles gelungen, vieles
ist aber sehr schön und verdient Respekt und Bewunderung. Daß es statt Warhols
Banane eine „Eitrige“ (eine Wurst namens Käsekrainer) auf dem Cover gibt (in
der LP-Version zum Abziehen wie beim Original), ist eine hübsche Idee. Das
Album ist um eine ganze Klasse besser als all das, was die doch etwas
überschätzten österreichischen Wandas und Bilderbücher, die von der
Musikindustrie und ihren medialen Vasallen gerade durchs Dorf getrieben werden,
so veröffentlicht wird.
Es scheint da ein paar Retro-Tropfen im Trinkwasser der Wiener
Gemeindebauten zu geben: Eine Gruppe namens „Erstes Wiener Heimorgelorchester“
(EWHO) hat letztes Jahr auf einem Album Kraftwerks „Mensch-Maschine“ in seine
Einzelteile zerlegt. Was sich auch erstmal blöd anhört, aber reichlich toll
ist. Ich sage nur: „Das Modell“! Hören Sie bei Spotify mal rein. Was
Monkeymusic als Label macht, ist schon einzigartig, von Ernst Molden & Der
Nino aus Wien bis zu Bolschoi Beat und den „Kosmonauten der Liebe“. Sorry
Berlin, aber mir scheint: Vienna rules! Von wegen „Goodnight Vienna“...