03.03.2015

SZ und gekaufter Journalismus

Gekaufter Journalismus in deutschen Qualitätszeitungen? Zugegeben: uns
wundert wirklich nichts mehr, insofern ist es keine wirkliche Überraschung, was
der ehemalige Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“, Sebastian Heiser, jetzt
veröffentlicht hat: Die SZ habe laut „Meedia“ „auf Sonderthemen-Seiten konsequent Redaktion und Werbung vermischt und
sogar Anleitungen zur Steuerhinterziehung veröffentlicht“ – Letzteres
besonders pikant angesichts der „Swiss-Leaks“-Enthüllungen von „SZ“ und NDR.

Die Themen der Sonderseiten der „Süddeutschen Zeitung“ seien „danach ausgesucht worden, welcher
Anzeigenkunde das meiste Geld zahlt“, so „Meedia“, die Heiser so zitieren: „Rein kommen die Themen, für die Anzeigen
geschaltet werden. Die Daumenregel: Für jede viertelseitige Anzeige (Kosten
damals: rund 20.000 Euro) erscheint eine Seite über dieses Thema.“
Überraschend? Fast alle deutschen Musikzeitschriften funktionieren so. Aber der
süddeutsche Leuchtturmjournalismus? Doch warum sollte eine Zeitung, deren
Außenpolitikchef dezidiert US-nah, NATO-treu und Bundeswehr-freundlich schreibt
und eben Präsidiumsmitglied der „Deutschen Atlantischen Gesellschaft“ ist,
einer Lobbyorganisation der NATO, plötzlich an anderen Stellen Journalismus und
Geschäft oder Lobbyismus auseinanderhalten?

(hübsche öffentlich-rechtliche Randnotiz: Die „Panorama“- und
„Zapp“-Moderatorin Anja Reschke hat auf Twitter geschrieben: „2007 Redakteur bei der SZ – jetzt der
Skandal? Ich frage mich, warum der Autor 8 ganze Jahre gewartet hat, um
#szleaks zu enthüllen“. Heiser dokumentiert daraufhin laut „Perlentaucher“
auf seinem Blog eine Mail aus dem Jahr 2009, in dem er just dieser Anja Reschke
just dieses Thema anbot, aber just diese Anja Reschke sich nicht dafür
interessiert hat... Touché! Reschkes NDR betreibt übrigens seit geraumer Zeit
einen sogenannten „Rechercheverbund“ mit WDR und „Süddeutscher Zeitung“...)

(unschöne alternative Randnotiz: ein paar Tage, nachdem ich das oben
geschrieben habe, stellt sich heraus, daß ein taz-Redakteur die Computer seiner
Kollegen per Keylogger abgehorcht hat – laut „Welt“ handelt es sich um
Sebastian Heiser. Was ziemlich widerlich ist, wenn es sich bestätigen sollte.
Aber nichts am oben gesagten ändert...)