Piwitt & Boheme
Daß alles doch einmal etwas anders war, zeigt der Altersgenosse
Peymanns, der Schriftsteller Hermann Peter Piwitt. In seinem Essayband „Das
Bein des Bergmanns Wu“ von 1971, vergriffen und nur noch antiquarisch zu
bekommen, schildert Piwitt „kristallin
klar und hochmusikalisch Erlebnisse mit Vermietern, Maklern und anderen
kerndeutschen Raumzuteilungsbevollmächtigten“ (Dietmar Dath, „FAZ“),
skizziert „Steckbriefe der besitzenden
Gattung“: „Da äußern sich dieselben Monster, die dreißig Jahre vorher Menschen
per Denunziation in Lebensgefahr brachten; die nämlichen, die heute mit dem
Smartphone nichtgetrennten Hausmüll im Hinterhof fotografieren, für später, vor
Gericht“ (nochmal Dietmar Dath). Natürlich wird man mit solcherart hervorragender
Literatur in diesem unseren Lande kein Erfolgsschriftsteller, und so sind
jetzt, an seinem achtzigsten Geburtstag, die meisten seiner Werke vergriffen
und werden nicht mehr neu aufgelegt. Doch wenn Sie irgendwo einen der kleinen
Bände von Hermann Peter Piwitt aufspüren können, bitte überlegen Sie nicht
zweimal, sondern greifen Sie zu – Piwitt zu lesen ist ein so köstliches und
anregendes Vergnügen, wie Bratsch zu hören! Sie werden es nicht bereuen, das
eine nicht und das andere natürlich auch nicht.
„Die Boheme mag
verzweifeltere, exzentrischere, verkümmertere Blüten treiben. Aber das
Unbürgerliche ist nur eine Ausbuchtung des Bürgerlichen, nicht seine Negation.“ (Piwitt)