Urheberrecht goes Karneval
Auch der
Urheberrechtswahnsinn feiert Karneval. Das US-Popsternchen Taylor Swift hat
sich gerade Floskeln aus seinen aktuellen Songtexten markenrechtlich schützen
lassen, Halbsätze und Allgemeinplätze wie „Nice to meet you. Where you been?“
oder „This sick beat“. Wenn Sie also planen sollten, auf den Pappbechern ihrer
nächsten Karnevalsparty „nice to meet you“ zu drucken, vergessen Sie’s. Oder
fragen Sie Taylor Swift, was das kosten soll.
Doch auch der
Suhrkamp-Verlag macht bei dem elenden Spiel, bei der dumpfen Rechtehaberei
unserer Tage mit und läßt Frank Castorfs Münchner Inszenierung von Brechts
„Baal“ im Nahmen der Brecht-Erben flugs verbieten. Es ist übrigens nicht das
erste Mal Kummer mit Baal: Die Dichter-Witwe Helene Weigel hatte bereits 1970
eine „Baal“-Verfilmung von Volker Schlöndorff noch am Tag der Erstausstrahlung
in der ARD verbieten lassen – den Film, in dem Rainer Werner Fassbinder das
erste Mal als Filmschauspieler auftritt. Und Brecht-Erbin Barbara Schall-Brecht
schreib noch 2002 zu diesem Film: „Zu
Recht hat meine Mutter dieses Machwerk mit einem Bann belegt.“ Erst letztes
Jahr konnte Schlöndorffs „Baal“ endlich in Kinos gezeigt werden, eine
DVD-Ausgabe erschien. Wahrscheinlich hat es mit dem Frühwerk Brechts an sich zu
tun: Der junge Brecht ist eben näher an François Villon und noch nicht der
Säulenheilige des „Berliner Ensembles“.
Aber man darf sich das
ruhig auf der Zunge zergehen lassen: Die Erben des Kommunisten Brecht, der sich
selbst eine „grundsätzliche Laxheit in
Fragen geistigen Eigentums“ attestiert hat, lassen eine moderne Version des
Theaterstücks verbieten, und der Renommierverlag des deutschen
Intellektualismus sorgt für die Zensur der Kunst. So ist das eben mit der
Zensur hierzulande, das ist der Unterschied zu anderen Weltgegenden:
Hierzulande zensiert nicht mehr der Staat, nein, das erledigen im Kapitalismus
die Firmen im Auftrag durchgeknallter ErbInnen gleich selber.
Sorry, aber ich muß schnell los zum Patentamt, ich will mir
den Ausdruck „Alles Idioten“ urheberrechtlich schützen lassen – mir scheint,
damit läßt sich angesichts der Weltlage so einiges verdienen...