03.02.2015

Pressefreiheit, Selbstzensur und Kölner Jecken

Mit der zunächst so wortgewaltigen Verteidigung der
Pressefreiheit ist es nicht weit her.Mittlerweile ist Selbstzensur wieder das Mittel des Tages. Redakteure
und Intellektuelle „suchen offensiv, ja
geradezu programmatisch nach Argumenten für die Selbstzensur. Überall ist
plötzlich von ‚Redaktionslinien“ die Rede. Der ‚Respekt vor Religion' ist jetzt ein Prinzip, das dem der
Meinungsfreiheit zumindest ebenbürtig ist“, schreibt Thierry Chervel im
„Perlentaucher“. Nach der ersten Erschütterung und der solidarischen Reaktion
von Medien und Politik erfolgt längst die Kehrtwende, jetzt wird über „Respekt
gegenüber Religion“ und über womöglich fehlende „Qualität“ der Zeichnungen
diskutiert.

Und die aus irgendwelchen dubiosen Gründen als
„liberal“ geltende „New York Times“ hat ihr ganz eigenes Verständnis von Pressefreiheit und
schreibt in einem Leitartikel zu den Karikaturen von Charlie Hebdo: „To judge what is fit - or safe - to print.“Der Humor von Charlie Hebdo-Karikaturen erfülle „nicht die Standards der Times“,
erklärt der Chefredakteur der „New York Times“ im „Spiegel“ und ergänzt, die
Zeichnungen seien seiner Zeitung „nicht
würdig“. Und die Lehre, die die Bundestagsfraktion der „Grünen“ aus den
Attentaten auf Charlie Hebdo und jüdische BürgerInnen Frankreichs zieht,
formuliert der „religionspolitische Sprecher“ (was die Grünen alles haben...)
der Fraktion, Volker Beck: „Nicht alles,
was Meinungs- und Pressefreiheit schützen, muss man auch sagen und schreiben.“
Eine weiche Zensur also statt einer harten? Beck und seine Grünen können sich
ja mal anhören, was Roberto Saviano sagt: „Das
gegenwärtige Europa vergisst, die Meinungsfreiheit zu verteidigen.“ So ist
das wohl.

Die Kölner Karnevalisten sehens jedenfalls wie Volker Beck und wollen
sich ihren Spaß nicht verderben lassen: Beim Kölner Karneval wird es keinen
Wagen für Charlie Hebdo geben, die Veranstalter wollen ihren Umzug sorgenfrei
feiern und verzichten lieber auf ihre Meinungsfreiheit. Kölle Alaaf! Grüne
Hellau!