Hofberichterstattung in der Berliner Zeitung
Am 16.1.2015 verschwendet die „Berliner Zeitung“ einen Großteil einer
ganzen Seite ihres seit geraumer Zeit ohnedies drastisch gekürzten Feuilletons
für eine unkritische Jubelarie über ihren Verleger, Alfred Neven DuMont: „Ein großer Verleger mit Herz“ ist der
Titel des Berichts über einen „Neujahrsempfang
vor MDS-Führungskräften“ (MDS = Mediengruppe M. DuMont Schauberg), also
eine Werbeveranstaltung des Verlags, die deswegen logischerweise außerhalb der
dem Verlag gehörenden Publikationen auch keine Erwähnung fand.Und so wurden lang und breit verschiedene Ergebenheitsadressen von
verschiedenen Mitarbeitern des Verlagsimperiums zitiert („Ich kenne keinen anderen Verleger, der publizistisch, politisch und
gesellschaftlich eine so herausragende Rolle gespielt hätte...“, „das
Verlagshaus ist eine Marke, weil auch er eine Marke ist“ usw.).Nun hat die „Berliner Zeitung“ eine langjährige und eher unrühmliche
Geschichte von journalistischer Unterwerfung hinter sich. Daß man sich aber für
eine derart unkritische Jubelberichterstattung nicht zu schade ist, wundert
doch, und insbesondere auch angesichts der Tatsache, daß der Verlag ja in der
letzten Zeit für massive Streichung von Arbeitsplätzen bei der Zeitung
verantwortlich ist, bekommt die Ergebenheitsadresse „ein Verleger mit Herz“ eben einen recht merkwürdigen Beigeschmack
der Unterwürfigkeit und Hofberichterstattung.Der sogenannte Journalist der „Berliner Zeitung“, der die Lobhudele auf
seinen Verleger schrieb, heißt Joachim Frank. Der Leser der „Berliner Zeitung“,
der sein Abonnement gekündigt hat, heißt Berthold Seliger. Schade, daß ich
künftig auf „Treueangebote für Abonnenten der Berliner Zeitung“ wie „5 Tage
Schweizer Impressionen genießen“ verzichten muß, die bisher ungefragt und
ungebeten per Brief vom „Berliner Verlag“ ins Haus flatterten.