13.07.2014

Morrisey, Hosen und andere reaktionäre Pop- und Schlagermusik

Der
unverbesserliche Rassist Morrisey, der gern gegen Einwanderung generell und gegen
Schwarze speziell wettert und Chinesen als eine „Unterart“ („subspecies“), also
als Untermenschen bezeichnet, hat ein neues Album aufgenommen. Das zwar, wenn
ich die großen Artikel allüberall richtig quergelesen habe, fürchterlich langweilig
sein muß, das aber eben vom Popjournalismus ausführlichst rezensiert werden
mußte.Es geht
darin unter anderem um den „kleinen Mann“, der mundtot gemacht wird – eine
typische Narration der Neuen europäischen Rechten. Die Lyrics sind ein rechter
Schmarrn: „Brazil and Bahrein / Oh Egypt, Ukraine / So many people in pain.“ „Was würde man wohl zu solcher Lyrik sagen,
wenn sie nicht mit dem Nimbus des großen Morrisey versehen wäre? Das wäre das
wohl einfach Reimkäse“, schreibt Jan Wiele in der „FAZ“. Nur – es ist eben Reimkäse, um es freundlich zu
formulieren. Ein rechter Scheiß eben. Das ist Thilo Sarrazin, wenn der Popmusik
machen würde. Einfach ekelhaft und verabscheuenswürdig.

Warum aber
sagt das keiner?

Wir haben
uns daran gewöhnt. Die „Böhsen Onkelz“ spielen vor 200.000 gleichgesinnten in
Hockenheim („Die Banalität der Böhsen“, SPON), und ich erinnere mich, wie mir
vor zig Jahren der damalige Chef der damaligen „Virgin“-Plattenfirma zu
erklären versuchte, daß das eine ganz normale, tolle Rockband sei.Wir haben
uns daran gewöhnt, und manchmal wird sogar so getan, als ob das alles lustig
sei und keine neue reaktionäre Pop-Anmaßung. Heino etwa, der „blonde Barde“,
der „mit schnarrender Stimme
‚Schwarzbraun ist die Haselnuß’ von sich gab, erinnerte an die faschistischen
Urgründe dieser Wirtschaftswunderzeit. Das war nicht bloß Koketterie; Heino gab
sehr gern Konzerte für ein erlesenes Publikum im Apartheidregime Südafrika, dem
er zur großen Begeisterung alle drei Strophen des Deutschlandlieds zum besten
gab“ (Georg Seeßlen), also auch die verbotene Strophe „Deutschland,
Deutschland über alles“, die die Nazis so gerne sangen. Heute darf man nicht
sagen, daß Heino ein Nazi sei, das kostet 20.000 Euro – soviel Schmerzensgeld
mußte Jan Delay dem Schlagerstar dafür bezahlen. Denn heutzutage singt Heino
die Lieder von Schlagerrockbands wie der Ärzte oder der Toten Hosen, und ein
großer Teil der Popkritik findet das, anything goes, ausgesprochen drollig.Zwar sagte
Hosen-Frontmann Andreas Frege im SWR, daß Heino „30 Jahre lang das Aushängeschild der deutschen Hässlichkeit war",
andrerseits und andersherum haben die Toten Hosen Freddy Quinns reaktionäres
60er Jahre-Gammler-Lied „Wir“ gecovert („Wer
will nicht mit Gammlern verwechselt werden? Wir! Wer sorgt sich um den Frieden
auf Erden? Wir! Ihr lungert herum in Parks und Gassen, wer kann eure sinnlose
Faulheit nicht fassen? Wir!“ usw. usf.) und sich damit des gleichen
post-postmodernen Kniffs bedient, den Heino jetzt für sein Comeback nutzt, eben
eine dreiste Umkehrung.Aber mit Songs von „Tagen wie diesen“ drängt eben
auch der Schlagerrock der Hosen längst und mit aller Macht in die sogenannte
Mitte der Gesellschaft. Dort, wo auch Andreas Bourani („Ein Hoch auf uns!“, die Fußballmusik des deutschen Staatsfernsehens,
„Hier geht jeder für jeden durchs Feuer“,
„Wir schwörn uns ewige Treue“...), Thilo Sarrazin, die Onkelz und eben Morrisey
zuhause sind.