29.06.2014

Google, Internt und Gefahren

Eines sollte man sich bei allen Diskussionen um Internet und Google
stets vor Augen führen: „Das Internet“ ist keine Gefahr. Es ist eine Erfindung
von Menschen, oder, besser gesagt: des Militärs, und das, was daraus folgt, ist
menschengemacht. Genauso wie Google kein Monster ist, sondern eben einfach ein
ziemlich erfolgreicher multinationaler Konzern, der sich hauptsächlich die mangelhafte
Gesetzgebung in allen Industrienationen zunutze macht, was Daten- und
Verbraucherschutz und Bürgerrechte angeht. Wenn es stimmt, daß die „digitale
Revolution“ die größte Umwälzung seit der industriellen Revolution darstellt,
und es gibt wenig Grund, daran zu zweifeln, dann geht es jetzt darum, endlich
Verkehrsregeln aufzustellen. Und zwar Verkehrsregeln, die an den Grundrechten
und Interessen der BürgerInnen orientiert sind, und nicht an den
wirtschaftlichen Interessen dieser oder jener Konzerne.

Es ist nicht „das Internet“, das eine Gefahr darstellt und uns
ausspioniert. Es sind Geheimdienste, die uns mit ihren digitalen Technologien
massenhaft ausspionieren lassen, und es sind Politiker, die dies in Auftrag
geben, ob bei NSA oder BND. Und es sind Politiker, die sich seit Jahren
weigern, endlich Datenschutzgesetze zu verabschieden, die den Gegebenheiten des
digitalen Zeitalters gerecht werden. Ohne Datenschutz gibt es keine
Meinungsfreiheit. It’s that simple. Peter Schaar, ehemals Bundesbeauftragter
für Datenschutz und Informationsfreiheit, beschreibt in seinem aktuellen Buch
„Überwachung total“, wie Geheimdienste seit den Terroranschlägen von
2001 das Internet umfassend unterwandert haben; „entstanden ist ein ‚überwachungs-industrieller Komplex’. Weltweit wird
alles durchgerastert, was das digitale Netz hergibt. Im Visier stehen nicht nur
Terroristen oder Kriminelle, sondern wir alle. Die Datenfischer suchen nach
persönliche Informationen, Staats-, Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - je
mehr desto besser.“Denken Sie daran, wenn wieder einmal ein Unternehmenschef eines
deutschen Medienkonzerns barmt, daß Google seinem Konzern das Geschäft
vermiese, und wenn die Feuilletons entsprechend Angst verbreiten. Wie immer
haben wir es in der Hand, wie die digitale Zukunft aussieht. Man kann es machen
wie die Kanzlerin und so tun, als ob einen die NSA nichts anginge; man kann es
machen wie der Deutsche Bundestag, der sein Internet ausgerechnet vom
US-Konzern Verizon bezieht, „der von der
NSA bezahlt wird, um Daten an sie auszuleiten“ (Andre Meister auf
„Netzpolitik“).

„Viele
Medienhäuser klagen heute über die Datenkrake Google, allerdings nicht in
emanzipatorischer Absicht, sondern mit dem Vorsatz, selbst in den Besitz der
Kundendaten zu gelangen. Dabei bleibt die Ausbeutung der Datenminen auch dann
eine Ausbeutung, wenn Döpfner und andere die Schaufel führen. Die Kundendaten
gehören dem Kunden, Persönlichkeitsschutz und Eigentumsbegriff des
Grundgesetzes gebieten die Rückübertragung der Souveränität.“
(„Handelsblatt“-Herausgeber Gabor Steingart in der „FAZ)Wir haben uns angewöhnt, einen öffentlichen Diskurs zu akzeptieren, der
von den Konzernen und ihren Lobbyisten sowie von ihnen gewogenen Politikern
geführt wird. Das war beim Urheberrecht bereits so, das war beim
Leistungsschutzrecht so, das ist jetzt bei der Frage Datenschutz und Google so.
Wir sollten endlich den Diskurs selbst übernehmen. Nur dann haben wir eine
Chance, daß die Diskussion endlich von den Fragen geprägt wird, die wirklich
zählen. Dann könnte der Diskurs sich endlich der Interessen der BürgerInnen,
der VerbraucherInnen, der „NutzerInnen“ (und auch der Autoren) annehmen. Die
Interessen der Konzerne, ob es Döpfners Springer ist oder die Indie-Klitsche
ums Eck, müssen uns egal sein, sie sind reichlich artikuliert worden und werden
auch in Zukunft von den bezahlten Lobbyisten ausführlich vorgetragen werden. Wir
benötigen ein Rechtssystem, das das Internet endlich an seinen Nutzern und an den
Urhebern, also den Autoren, ausrichtet.