16.06.2014

FAZ, Google & Sigmar Gabriels Waffenexporte

Da hatte man ein, zwei Jahre das Gefühl, das Feuilleton der
altehrwürdigen „FAZ“ würde zu einem veritablen antikapitalistischen
Diskussionsforum mutieren, und dann stellt man fest: War alles doch nicht so
gemeint. Denn letzten Endes geht es nur um den Schulterschluß mit braven und
biederen Sozialdemokraten. Da wird plötzlich munter Wahlkampf für einen Martin
Schulz gemacht, und ein leidenschaftlicher Umfaller wie Sigmar Gabriel darf an
prominenter Stelle im Feuilleton seine überflüssige und konzernfreundliche
Position zu Google darstellen. Gabriel, der aus unerfindlichen Gründen „für seine Kritik am Waffenhandel mit
umstrittenen Empfängerländern bekannt ist“ (so SPON), ist eben auch nur ein
Radieschen – wenns ernst wird, ist „Siggy Pop“ ein Partner der Bosse. Unmittelbar
nach seinem flammenden Beitrag für die Entflechtung von Google wird bekannt,
daß der SPD-Wirtschaftsminister umfangreiche Rüstungsexporte in Drittländer
genehmigt hat: Mehr als eine Milliarde Euro beträgt der Gesamtwert der von dem
angeblichen Rüstungsexport-Kritiker Gabriel genehmigten Lieferungen an
Diktaturen wie Saudi-Arabien und an Länder wie Singapur oder Algerien. Außerdem
wurde bekannt, daß die Bundesregierung den Export von Kleinwaffen im Jahr 2013
um mehr als 50 Prozent gesteigert hat – auch hier erhielten vor allem arabische
Diktaturen wie Saudi-Arabien die Lieferungen deutscher Waffen.Sigmar Gabriel machte jedenfalls einen Bückling vor der
„FAZ“ und ihrer Kampagne gegen Google, die ausgerechnet vom Chef des Axel
Springer-Konzerns, der letztes Jahr noch die Front der Kämpfer gegen ein freies
Internet und für ein nutzerfeindliches, konzernfreundliches
Leistungsschutzrecht angeführt hat, eröffnet wurde. „Aufgabe der
europäischen Politik ist es, mit der Kraft einer kristallklaren Analyse, aber auch mit der Eingriffsmacht eines
großen Wirtschaftsraums in der Lage zu sein, die demokratisch legitimierte
Rechts- und Marktordnung des digitalen Zeitalters neu zu formulieren und dann
durchzusetzen, ja durchzukämpfen, wo es sein muss." So brüllt der Löwe
Sigmar Gabriel und ist doch nur ein plüschener, zahnloser Bettvorleger des
Springer-Bosses. Hat man denn von Gabriel und seiner SPD in den letzten Jahren
auch nur einen brauchbaren Vorschlag zu wichtigen, in der Tat brennenden Fragen
der Netzpolitik gehört? Zur Vorratsdatenspeicherung? Zum Zweiklassen-Internet?
Zum Leistungsschutzrecht, zum Urheberrecht? Zum Datenschutz?Bevor sich Gabriel mit Verve an die „Zerschlagung
von Google in Europa“ macht, könnte er vielleicht mal mit der Abschaffung des Listenprivilegs anfangen, das es deutschen Zeitungen erlaubt, die Daten
ihrer Kunden zu Werbezwecken zu verkaufen. Aber nichts davon – Gabriel und
seine Partei gehören bekanntlich einer Regierung an, die es mit der Aufklärung
von Straftaten im Netz nicht so genau nimmt und dem Bundestag sein Recht, einen
Edgar Snowden zum NSA-Untersuchungsausschuß einzuladen, schlicht verweigert.
Bücklinge machen unsere Sozialdemokraten seit über hundert Jahren eben immer
nur vor Konzernen und deren Bossen. So sind sie, die Genossen...Was gerade tatsächlich läuft, hinter
verschlossenen Türen, beschreibt Patrick Breyer in der „Zeit“: „Die EU handelt mit der US-Regierung gerade
ein ‚Rahmenabkommen’ aus, das US-Sicherheitsbehörden noch mehr Informationen
über uns verschaffen dürfte: Bis zum Sommer soll ein transatlantisches
‚Datenschutz-Rahmenabkommen’ stehen, das eine ‚erleichterte Übertragung von
Daten’ zur ‚Verhinderung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von Straftaten’
möglich machen soll. Der Deal, der derzeit hinter verschlossenen Türen
geschmiedet wird, lautet: Wenn die USA Zugeständnisse beim Datenschutz machen,
öffnen die Europäer ihre Speicher künftig ganz freiwillig.“ Wie wäre es
denn, der SPD-Europa-Spitzenkandidat Martin Schulz, der sich so vehement gegen
„digitalen Totalitarismus“ wendet, würde erstmal seine Hausaufgaben machen und
sich an dieser Stelle engagieren?Man muß jedenfalls, wie Christian Meier in
„Meedia“ schreibt, aufpassen, „berechtigte
Interessen der Gesellschaft gegenüber den Treibern und Innovatoren der
digitalen Wirtschaft von Interessen zu unterscheiden, die wiederum andere Unternehmen haben.
Beispielsweise Medienunternehmen."

Nachtrag 1: Mittlerweile wurden weitere von Wirtschaftsminister Gabriel
(SPD) genehmigte deutsche Rüstungsexporte in Krisengebiete und an Diktaturen
bekannt. Am 4.6. meldet „SPON“, daß Gabriel den Export von Ausrüstung für
Scharfschützen an den Scharia-Staat Saudi-Arabien sowie Navigationsgeräte und
Ausstattung für Schnellboote nach Ägypten genehmigt hat, wo bekanntlich ein
Militärputsch stattgefunden hat; die EU hat nach dem Putsch
Exportbeschränkungen für Ägypten erlassen – worüber sich der SPD-Politiler
schamlos hinwegsetzt. –

Nachtrag 2: Am 21.5. ist auf „SPON“ zu lesen, daß die beiden
SPD-Politiker Steiner und Luuk vom Rüstungskonzern Krauss-Maffei fünf Millionen
Euro Schmiergeld kassiert haben sollen. Die damaligen
SPD-Bundestagsabgeordneten sollen das Schmiergeld bei einem Panzergeschäft mit Griechenland
kassiert haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.