01.03.2014

Sarrazin beleidigt

Thilo „wird man doch wohl noch sagen dürfen“ Sarrazin ist beleidigt und
hat ein neues Buch geschrieben. Wenn ich den Feuilletons, die ich so lese,
trauen darf, ist das Buch genauso furchtbar wie sein Buch davor, nur mit einer zusätzlichen
Portion Weinerlichkeit und Selbstmitleid. Aber das Buch muß dennoch im großen
Stil allüberall besprochen werden.So ist das mit den bürgerlichen Medien – kaum hat jemand einen Köttel
auf den Weg gelegt (und im Fall Sarrazin ist dies, was Konsistenz und Farbe
angeht, wohl ein geeignetes Bild), schon versammeln sie sich alle um diesen
Köttel und müssen ewig darüber reden (sie nennen es „debattieren“...). Ein
blödes Buch eines blöden Ex-Politikers einfach zu ignorieren, scheint keine
Option zu sein. Selbst in der „Jungle World“ fand man es nötig, zwei Seiten
über Sarrazin vollzuschreiben – als Abonnent der Zeitschrift kann ich versichern,
daß ich dort derartige überflüssige Artikel nicht lesen zu müssen wünsche.Wie wäre es im Gegenteil, wenn man statt der Rezensionen eines wohl eher
armseligen Buches mal ausführlich darüber berichten würde, daß der Aufsichtsrat
der BVG, also der Berliner Verkehrsbetriebe, 2007 unter seinem Vorsitzenden
Sarrazin einem komplizierten Geschäft mit der US-Bank JP Morgan nach nur
vierminütiger Beratung zugestimmt hat, ein Geschäft, das er laut Eigenaussage
„nicht verstanden“ hat?Die BVG-Verantwortlichen haben seinerzeit ein extrem riskantes
Finanzierungsgeschäft abgeschlossen, das die BürgerInnen Berlins möglicherweise
bis zu 150 Millionen Euro kosten wird. „Daß die BVG-Verantwortlichen Anfang des 21.
Jahrhunderts bei diesem Vertrag unwissend oder gar dumm gehandelt haben sollen,
geht nach Informationen der ‚tageszeitung’ aus Prozessunterlagen hervor, die
für eine Klage vor dem High Court in London eingereicht worden sind. Mit der
Klage will die BVG verhindern, zur Kasse gebeten zu werden“, berichtet der
„Tagesspiegel“.Sarrazin und sein Aufsichtsrat hatten also „nichts verstanden“, haben „unwissend“ oder gar „dumm“, auf jedem Fall aber zum Nachteil
der Berliner BürgerInnen gehandelt – das ist ein Thema, das mich interessiert!
Darüber sollte ausführlich berichterstattet werden, finde ich.