Und Ansonsten 2007-08-08
Der
Mensch ist schwach, ich weiß. Und ich ganz besonders. Mehrfach wurde an dieser
Stelle bereits das Diktum verkündet: Die "grüne Gurke" (taz) Claudia
Roth ist nicht mehr satisfikationsfähig. Aber was kann unsereiner tun, wenn es
immer wieder aus der grünen Menschenrechtsgurke rausläuft, zum Beispiel so (lt.
"Der Standard", Internetausgabe):
"Die Steinigung eines wegen Ehebruchs im Iran zum Tode verurteilten
Iraners hat im Westen heftige Proteste ausgelöst (…) In Deutschland erklärte
die Grünen-Chefin Claudia Roth, die iranische Staatsführung stehe "in der
Pflicht, die Zusagen der Internationalen Gemeinschaft gegenüber einzuhalten,
die besonders grausamen Strafen nicht mehr zu praktizieren und sie
längerfristig abzuschaffen.""
Das darf man sich ruhig mal auf der Zunge zergehen lassen.
Ob Claudia Roth damit zufrieden wäre, wenn im Iran zukünftig nur noch ein
bißchen gesteinigt würde? Oder in welchem Zeitraum sollen Steinigungen
"längerfristig" abgeschafft werden? Also ruhig noch drei vier Jahre
weiter steinigen, und dann schaun wer mal?
Die Hilflosigkeit der internationalen Politik ist das eine. Die Art und Weise,
wie aber noch die tragischsten Ereignisse einer plumpen grünen Politikerin dazu
dienen, sich den Medien anzuwanzen, ist mit dem Begriff "ekelhaft"
viel zu schwach beschrieben.
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Unsereiner erlebt schon etwas mehr als "klammheimliche Freude", wenn
er lesen darf, daß das "Live Earth-Konzert" in der Hamburger
HSH-Nordbank-Arena (sic) floppte und nur 29.000 statt 45.000 Karten verkauft
wurden. Besonders hübsch der letzte Absatz der "Musikwoche"-Meldung:
"Neben dem operativen Minus schlägt sich vor allem eine Abgabe in Höhe von
750.000 Euro an die "Alliance for Climate Protection", die weltweite
Live-Earth-Initiative, negativ in den Büchern nieder. Dieser Betrag soll die
Umweltbelastungen ausgleichen, die durch die Reisen und den Transport der
Künstler und ihrer Entourage entstanden ist. Das neunstündige Konzert selbst
wurde klimaneutral durchgeführt."
Mal ganz abgesehen davon, wie das funktionieren mag, ein Konzert
"klimaneutral" durchzuführen, scheint mir ein wesentlicher Posten im
Saldo zu fehlen: Die akustische Umweltverschmutzung, die durch dieses Konzert
hervorgerufen wurde. Da haben die Organisatoren wieder mal zu kurz gerechnet…
* * *
"Fortune favors the bold." Ben Weaver
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"What would you most like to see recycled?"
"I'd recycle the major record companies into a landfill site. The only
problem would be the poisonous gas they would give off."
Britische
Manager-Legende Ed Bicknell beantwortet eine Frage des "IQ"-Magazins.
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Truly "indie": "Sonic Youth" machen eine Compilation mit
eigenen Tracks, die exklusiv bei Starbucks erhältlich ist. Und Thurston Moore
vergleicht lt. "Visions" diesen Schritt verquast mit dem
"Kitzel, den kleine Bands auslösten durch winzige Auflagen und Tour-Only-Releases".
Ach Sonic Youth…
Handfester gegenüber dem umstrittenen Kaffeeröster, der zuletzt durch seine
ausbeuterische Praxis gegenüber äthiopischen Kaffeebauern in die Schlagzeilen
geraten war, war da der Schritt der chinesischen Regierung, die den
Starbucks-Laden inmitten der "Verbotenen Stadt" nun verboten hat.
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Wir lasen auf "Spiegel Online": "Der einzige Rockmusiker in
leitender Ordenfunktion, Abtprimas Notker Wolf von den Benediktinern, saß am
vergangenen Mittwoch im Gewölberest des antiken Pompeius-Theaters und aß
Tartar. Dazu sagte er: ""Highway to hell" spiele ich gerne. Aber
"Sympathy for the Devil" geht zu weit."
So sind sie, die Katholiken.
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Unser aufmerksamer Rundbrief-Leser Wiglaf Droste hat völlig zu Recht einen
Fehler in der letzten "Und ansonsten"-Rubrik moniert - der Slogan der
Rhöner "Bionade"-Limo heißt nämlich nicht, wie von mir aus dem
Gedächtnis zitiert, "Das offizielle Getränk für eine bessere Welt",
sondern: "Das offizielle Getränk einer besseren Welt", wozu Droste
anmerkt:
"Was heißt, daß es diese "bessere Welt" also schon gibt, z.B. in
Bionade aufgelöst. Dazu paßt die "Bild"-Reklame "Jede Wahrheit
braucht eine Mutige, die sie ausspricht", mit Alice Schwarzer. Es wuchs
zusammen, was immer zusammengehörte."
Das hätten wir nicht besser sagen können.
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Schöne Compilations auf Shanachie, zum Beispiel "King Sunny Ade - Gems
From The Classic Years (1967 - 1974)" - Aufnahmen, die in jeden ordentlich
sortierten Plattenschrank gehören (und zwar nicht nur in die
Weltmusik-Abteilung). Deprimierend aber, wie lieblos diese Compilations
herausgegeben werden - kein genaues Tracklisting, keine genauen
Besetzungsangaben per Track, keine Einspieldaten (soweit recherchierbar) - da
haben namhafte Firmen eigentlich längst einen anderen Standard festgeschrieben.
Auch so eine Form unterschwelligen Neokolonialismus'.
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"Was durch künstlerische Qualität schon lange nicht mehr gelingt,
funktioniert wenigstens mal wieder durch Provokation und durch öffentlich
ausgestellte Dummheit", konstatiert der Autor der "Berliner
Zeitung" in einem Artikel zum ekelhaften "Neger Neger"-Album von
B-Tight auf dem Berliner Label "Aggro Berlin" - und lenkt davon ab,
daß eine Provokation nur dann funktioniert, wenn sie allüberall aufgegriffen
wird, damit sich zweitklassige Feuilletonisten darüber ereifern und
Zeilenhonorar schinden können. So auch geschehen im Feuilleton-Aufmacher der
"Berliner Zeitung", die nicht etwa diesen, mit Verlaub, Scheiß
einfach ignoriert, sondern noch gezielt anheizt, indem sie das Cover des
Albums, eigens vergrößert, in ihrer Zeitung abbildet.
Dann darf der Autor auch gleich weiter daherfantasieren: "Seit Wochen
steht der deutsche Hiphop im Zentrum der öffentlichen Debatte." Genau.
Bemerkt hat das allerdings nur das Feuilleton der Berliner Zeitung - der Rest
der Medien beobachtete den G8-Gipfel, das Radler-Doping, den Eisenbahnerstreik,
die Diskussion um die Verschärfung der Gesetze zur sogenannten "Inneren
Sicherheit" - von deutschem HipHop in der öffentlichen Diskussion keine
Spur. Aber da für Journalismus heute in aller Regel gilt, daß er die selbst
aufgestellten Behauptungen auch selbst zu beweisen hat, eine Art vorwegnehmende
"self-fulfilling prophecy" gewissermaßen, hat der Autor der Zeitung
natürlich ganz recht - was der Zeitung ein Aufmacher ihres Feuilletons wert
ist, muß ja förmlich im Zentrum der öffentlichen Debatte stehen. Quod errat
demonstrandumm.
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"Es gibt fast keine Schwierigkeiten, die man nicht mittels Davonlaufen
erträglicher machen kann (Probleme löst man so natürlich nicht, aber auf
Lösungen kommt es in der Praxis selten an)." Dietmar Dath