18.02.2008

Und Ansonsten 2008-02-18

Endlich
hat der "Spiegel" mal wieder eine Titelgeschichte mit Adolf Hitler,
endlich gab es für das sogenannte Flagschiff der bundesdeutschen Presse wieder
eine Gelegenheit, Adolf Nazi flächendeckend in der Reichshauptstadt zu
plakatieren. Da sind wir aber beruhigt. Nur, warum sie beim "Spiegel"
neuerdings nur noch vom "Untergang" raunen, verstehen wir noch nicht
so ganz, Adolf und der "Spiegel" sind doch prima im Geschäft.

* * *

Laut "Spiegel" habe Frankreichs Staatspräsident den französischen
Ex-Tennis- und mittlerweile Pop-Star Yannick Noah für ein Konzert am
Nationalfeiertag mit einem Phantasiehonorar "kaufen wollen" -
Bedingung: ein gemeinsames Foto.
Irgendwie schade, daß Noah abgesagt hat, da hätte doch was draus werden können.
Und wäre doch allemal eine noch schillerndere und wegweisendere Geschichte
gewesen als mit der Soft-Chartreuse Carla Bruni… Wohl eine verpasste Chance
irgendwie.

* * *

Bei den vielen Meldungen über den Niedergang des Musikkonzerns EMI fragt sich
unsereiner ein paar Dinge. Dazu gehört, wie die fast komplette Tages-, Wochen-
und Musikpresse dazu kommt, unrecherchiert und unkommentiert die von
Finanzinvestor Guy Hands genannte Zahl von ca. 264 Millionen Euro, die EMI
durch die Massenentlassung von 2.000 der europaweit 5.500 Stellen angeblich
einsparen wird, nachzuplappern. Normalerweise würde man sich doch fragen, wie
Herr Hands auf eine derartige Zahl kommt - denn erstens werden die entlassenen
Mitarbeiter ja wohl Abfindungen erhalten, zweitens wird auch der
inkompetenteste EMI-Mitarbeiter nicht den ganzen lieben Tag lang Nase popeln
und privat im Internet surfen, sondern auch arbeiten und damit Produktivität
schaffen - noch bei der letzten Massenentlassung bei der EMI im Jahr 2002
zahlte die EMI im Durchschnitt EUR 215.556 pro "eingespartem"
Arbeitsplatz.
Zweitens fragt man sich, warum die Mitarbeiter der EMI nicht einfach mal streiken.
Ich meine, wenn bei einem Konzern 2.000 von 5.500 Stellen gestrichen werden,
hat das ja zumindest mal Nokia-Bochum-Dimensionen. Gibt's da keinen
Betriebsrat? Was macht ver.di, oder wer immer da zuständig ist?
Drittens kann man nur den Kopf schütteln angesichts angeblicher Streiks von
Popstars wie Robbie Williams, der sein angeblich bereits fertig produziertes
Album vorerst nicht bei EMI veröffentlichen will. Nur - von einem Robbie
Williams-Album war dieses Jahr eigentlich nichts bekannt. Und wenn Künstler wie
Robbie Williams, Coldplay oder wer da sonst noch grade die Klappe
öffentlichkeitsgeil aufreißt, es ernst meinen würden mit ihren angeblich
"spektakulären Aktionen" ("FAZ") gegen die Sparpläne, wie
wäre es dann, wenn diese Künstler ihre Aktionen mit konkreten Bedingungen
zugunsten der EMI-Mitarbeiter verbinden würden? Starke Künstler könnten ja ohne
weiteres darauf bestehen, daß Entlassungen zurückgenommen werden, daß
Mitarbeiter weiter für ihre Alben arbeiten. Doch davon ist keine Rede. Es geht
eher darum, die eigenen Brötchen im Trockenen zu behalten. "Als sich die
EMI im Jahr 2002 bereits einmal von 1.800 Mitarbeitern (einem Fünftel der
damaligen Belegschaft) trennte und von den 100 Millionen Pfund, die damit
(angeblich, B.S.) eingespart wurden, 80 Millionen Pfund umgehend auf das Konto
von Robbie Williams überwies, damit dieser auch seine nächsten Schallplatten
für die EMI aufnimmt, gab es von der Seite von Robbie Williams keinerlei
Protest", konstatiert die "Berliner Zeitung" völlig zurecht.

* * *

War mal ein mittelmäßiger DJ namens Tomekk, mittlerweile abgehalftert und sich
nicht fürs depperte RTL-Dschungelcamp "Ich bin ein Star - holt mich hier
raus!" zu schade. Dann kam heraus, daß DJ Tommek auf einem Video den
Hitlergruß macht und die erste Strophe des Deutschlandlieds singt.
DJ Tommek entschuldigte sich flugs für seinen "niveaulosen" Humor
(Humor?). Er sei "sehr betroffen von dem Video", und nein,
"keinerlei rechtes Gedankengut oder nazistische Ideen trage ich in
mir". Wohl weniger "in mir", als "nach außen"…
"Ich bin kein Star - hättet ihr mich doch im Dschungel gelassen"…

* * *

Die Briten haben wirklich Sorgen. In Ascot bei der königlichen Rennwoche sind
jetzt Miniröcke verboten. Es gelten klare Ausstattungsvorschriften im
königlichen Tribünenbezirk: grauer Zylinder, Cutaway und Weste für die Herren.
Miniröcke und schulterfreie Kleider sind für die Damen nun nicht mehr zulässig,
Träger von Kleidern haben fortan "mindestens einen Inch breit" zu
sein, "Hut oder ansehnlicher Kopfputz" bleiben selbstverständlich.
Die spinnen, die Briten, wußte schon Asterix.

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Wenn sie dann nach Deutschland kommen, die Briten, und ihre "British Music
Week" organisieren lassen, dann klingt das etwa so: "Die British
Music Week bietet den Partnern und Bands wieder ein umfangreiches Marketing-
und PR-Paket an, darüber wird jede einzelne Veranstaltung mit einem
wirtschaftlichen Incentive unterstützt werden."
Lang her, daß man sagen konnte, "it's only
rock'n'roll, but we like it"…

* * *

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse hat auf seinem offiziellen Briefpapier
dagegen protestiert, daß der berühmte Sonnabend-Markt am Kollwitzplatz verlegt
wurde, von einer Seite des Platzes auf die andere, direkt vor Thierses Haustür.

So sind sie, unsere Politiker, wenn es sie selbst betrifft, benehmen sie sich
immer noch am liebsten als Feudalherren und nicht als Demokraten.

* * *

Eine drollige Idee hat die SONY BMG - ein neues Musikmedium namens
"musicbon", eine "hochwertige Guthabenkarte in Kreditkartengröße,
die im Handel zu kaufen sein wird" und "das Herunterladen eines
kompletten Albums im mp3-Format erlaubt"; der Musicbon selbst sei
"ein tolles Sammlerstück". Perdauz, was haben sie sich das toll
ausgedacht, Respekt!
Was zu dieser brillanten Idee zu sagen ist, hat Jens Balzer in der
"Berliner Zeitung" auf den Punkt gebracht, wie wir es nicht besser
hätten tun können:
"Früher ging man in ein
Geschäft, kaufte sich eine Schallplatte und spielte sie zu Hause ab. Heute geht
man in einen Mediamarkt, kauft sich einen "musicbon", geht mit diesem
nach Hause, ruft mit seinem Computer eine Internetseite auf, tippt die auf dem
"musicbon" eingeprägte 12-stellige Kode-Nummer ein, lädt sich eine
Datei herunter, brennt diese auf eine CD-R, die man sich vorher im Mediamarkt
gekauft hat, und steckt diese CD-R in die Hülle, die man mit dem
"musicbon" erworben hat. Schwuppdiwupp, schon kann der Musikspaß
beginnen! Faszinierend, wie der technische Fortschritt das Leben für uns alle
immer einfacher macht."

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Verzweifelt immer. Entmutigt nie.