Und Ansonsten 2009-01-10
Wo
waren eigentlich all die Politiker, die jetzt nach "Verantwortung"
der Investment-Banker rufen, als etwa die rot-grüne Bundesregierung den Weg für
Hedgefonds und Finanzinvestoren frei machte? "Als
die designierte Kanzlerin Angela Merkel und der designierte Finanzminister Peer
Steinbrück in den Koalitionsvertrag hineinschrieben, nachdrücklich (sic) müßten
für den Finanzplatz Deutschland "Produktinnovationen und neue
Vertriebswege" unterstützt werden und die Aufsicht möge "mit
Augenmaß" handeln." (Wolfgang Storz) Oder als der
Bundestag im November 2003 mit erdrückender Mehrheit beschloß, Hedgefonds in
Deutschland überhaupt erst zuzulassen? "Der
Finanzplatz Deutschland ist … reif für diese Produkte",
erklärte die Regierung seinerzeit.
Es ist ja nicht so, daß die Politiker von Merkel bis Steinbrück unfähig wären.
Nein, sie waren "fähig" als Ausführungsgehilfen der Banken. Und tun
nun so, als ob sie mit der Geschäftspolitik der Großbanken, die sie mit ihren
Gesetzen überhaupt erst ermöglicht haben, nichts zu tun hätten.
Fast könnte man übrigens an Ibsens Banker "John Gabriel Borkmann"
denken, der seine Bank und sein Umfeld mit Spekulationen in den Ruin getrieben
hat, daraufhin allerdings ins Gefängnis mußte. Nach seiner Rückkehr hatte er
wieder Großes vor und wollte zusammen mit seinem Sohn die Wirtschaft des Landes
aufmischen. Heutzutage ist allerdings der kleine Zwischenschritt, daß Banker,
die z.B. ihre Kunden ruiniert haben, ins Gefängnis müßten, undenkbar, versteht
sich…
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"Wahrheit ist wichtiger
als Erfolg." (Dietmar Dath über Julia Bowman Robinson)
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Das Stadtschloß in Berlin soll, so will es die Politik, zum
Identifikationsobjekt des ganzen Landes werden. Ehrlicher hat man selten die
Feudalstruktur der Gesellschaft auf den Punkt gebracht. Dabei ist Franco
Stellas Siegerentwurf an Tristesse kaum zu überbieten und auf allen Ebenen
einfach erbärmlich. Eine Architektur, wie sie "der Duce wohl modern
gefunden hätte" ("Art"). Aber machen wir uns nichts vor: letzten
Endes hat Stella "nur" die politischen Vorgaben umgesetzt, so
fantasielos wie irgend möglich. Und die Verantwortlichen sind die Antwort auf
die Frage schuldig geblieben, worin denn nun die Logik des Museums liegen soll
mit der Mischung aus Material der geknechteten Regionen der Welt, hinter
feudalen Barockfassaden. Wir nehmen jedenfalls an der Aktion "Kein Schloss
in meinem Namen" teil, aus den guten Gründen, die auf der Website www.kein-schloss-in-meinem-namen.de
genannt sind.
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Jens Balzer hat in der "Berliner Zeitung" auf den "Geschmacks- und Geisteszustand
der Nation" hingewiesen: die im Februar 2008 erschienen Single
"Kuschelsong" des Hasen "Schnuffel" hat sich im
abgelaufenen Jahr hierzulande so oft verkauft wie keine andere Single - "Du bist mein allerliebster
Schatz / An deiner Seite ist mein Platz / Weil ich dich so gerne kuschel / Bist
du mein süßer Schnuffel / Kuschel, kuschel, kuschel, kuschel / Du bist mein
kleiner süßer Schnuffel", der erfolgreichste Vers des Jahres
im Land der einstmals Dichter und Denker… Und wo im Vereinigten Königreich
wenigstens Leonard Cohens "Hallelujah" in gleich zwei Versionen die
Charts der erfolgreichsten Weihnachtslieder 2008 anführt, ist hierzulande auch
auf dem Gebiet Schnuffel der Sieger, mit "Schnuffels Weihnachtslied".
"Kling-kling-kling-ding-ding.
Kling-kling-kling-ding-ding. Das Weihnachtslied."
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Aus der Reihe "Politiker machen sich VERDIENT": Dietmar Staffelt,
früher Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und zuletzt
Wirtschaftspolitiker der SPD, nutzt seine Kontakte ab Beginn des Jahres als
"Vorstandsbeauftragter für Politik und Regierungsarbeiten in
Deutschland" des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS. Das trifft sich gut,
denn Staffelt war jahrelang "Koordinator für Luft- und Raumfahrt" der
Bundesregierung…
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Wäre schön, wenn all die Politiker und Medien, die Altbundeskanzler Helmut
Schmidt in den letzten Wochen hochleben ließen (super, daß wir Pressefreiheit
haben, so können alle ganz freiwillig das gleiche schreiben und ihre
Titelgeschichten von "Spiegel" bis "Zeit"
synchronisieren!), auch dessen Positionen ernstnehmen würden. Beispielsweise
Schmidts dezidierte Ablehnung der Teilnahme Deutschlands am Bosnien-Krieg ("Was wir im Kosovo und in
Bosnien-Hercegovina gemacht haben, verstieß eindeutig gegen das damals geltende
Völkerrecht.(…) Und ich habe gesagt: Guckt doch mal in die UN-Charta, da steht
das nicht, daß wir das dürfen. Und guckt auch mal in den Zwei-plus-vier-Vertrag.
Es gab also keinen Rückschritt des Rechtsbewußtseins - es war
ausgeschaltet."), bis hin zu Fischers peinlicher Begründung
der von Rot-Grün beschlossenen Kriegsführung auf dem Balkan mit
"Auschwitz" ("Das
war Joschka Fischer. Eine schlimme Entgleisung.").
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Und nun ist die Bundesregierung vollends durchgeknallt. Ausgerechnet die
ekelhafte Berliner Beton-Mehrzweckhalle mit dem Charme eines
Kleinstadtparkhauses, genannt "O2 World", wurde von der
Bundesregierung als einer von 365 Orten im "Land der Ideen" prämiert,
um der Welt zu zeigen, wie "vielfältig,
kreativ, faszinierend, immer wieder überraschend Deutschland ist"
- so Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Immer wieder überraschend"
stimmt zumindest, irgendwie…
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Preisfrage - wie erhält man hierzulande stehende Ovationen zu bester Sendezeit
im Fernsehen? Genau. Man bezeichnet erstens Adolf Hitler in einem Interview als
"guten Kerl",
und dann bezeichnet man das Gesagte vor Gottschalks Millionenpublikum als etwas
"Dummes". Und heulte sich in der "Bunten" unter dem Titel
"So tappte ich in die TV-Falle" aus, hereingelegt worden zu sein -
die holländischen Journalisten hatten Heesters, der gerade einen Prozeß gegen
Volker Kühn verloren hat, der weiter behaupten darf, Heesters habe 1941 im KZ
Dachau gesungen, gefragt: "War Hitler ein guter Kerl?" Daraufhin
Heesters: "Adolf
Hitler, ja Gott, ich kenne den Mann wenig, aber ein Kerl, weißt du, das war er,
ein guter Kerl."
Und schon lud Gottschalk Johannes Heesters erneut in seine Sendung ein - in
fünf Jahren. Wetten, daß das bundesdeutsche Fernsehpublikum dem Lieblingssänger
Hitlers auch dann wieder standing ovations bereiten wird?
(Sehr zu empfehlen ist übrigens Volker Kühns Hörbild "Mit den Wölfen
geheult - Hitler und die Künstler", das als Doppel-CD erhältlich ist.)
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Aus der Reihe "Politiker machen sich VERDIENT": Harald Schartau, der
u.a. mal Gewerkschaftsführer, Arbeits- und Sozialminister unter Clement in NRW
und dort auch SPD-Landesvorsitzender war, gibt zum Jahresende seinen Landtagssitz
auf und wird Personalchef im Vorstand des Stahlkonzerns Georgsmarienhütte.
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Das ist dann die Klassik-Offensive, die sie meinen: "Der Bachfisch"
(über die Geigerin Julia Fischer), "Zwischen Frühling und Abendrot"
(über die Sängerin Renée Fleming), "So Bel kann Canto sein" (über die
Sängerin Elina Garanca), "Dass sich die Engel im Himmel freuen" (über
die Geigerin Anne-Sophie Mutter), oder "Bach-Blüte" (über die
Geigerin Julia Fischer, auf der Titelseite). Allesamt Titel der aktuellen
Ausgabe der "Klassik Akzente", der Werbezeitschrift von
Universal/Decca/DG/ECM, die sinnigerweise den Untertitel "Musik von ihren
schönsten Seiten" trägt und die entsprechenden, liebreizenden Fotos der
Interpretinnen zeigt. Klassik als sabbernder Herrenwitz.
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Manfred Gillig-Degrave weist in der "Musikwoche" darauf hin, daß auf
dem "überaus populären
Musikdienst Last.fm rechtsradikale Musik zu hören ist." Das
Portal erweise sich "geradezu
als Hort für übelsten Nazirock jeglicher Coleur: Bands wie Landser, Nordfront,
Kommando Freisler, Hauptkampflinie, Skrewdriver oder Sturmwehr präsentieren
sich auf Last.fm ungehemmt mit Titeln wie "Das Reich kommt wieder"
oder "Polacken Tango"." Laut Gillig-Degrave habe der
Chefredakteur des "Ox-Fanzine", Joachim Hiller, bei Last.fm vor
Wochen angefragt, was man gegen derlei Aktivitäten zu tun gedenke. Eine Antwort
von Last.fm steht aus.
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Da fährt eine selbsternannte "Autoren-Fußball-Nationalmannschaft" aus
20 Schriftstellern (denn sie können zwar nicht besonders interessant und gut
schreiben, aber zur Bildung eines Konstrukts, das irgendwie
"national" heißt, langt es immer…) zusammen mit Borussia
Mönchengladbach, der U18-Nationalmannschaft und einer von DFB-Präsident Theo
Zwanziger angeführten Delegation nach Israel, haben die "elegantesten Jacken der
Delegation", spielen Fußball gegen israelische Autoren, kühlen
ihre Waden "auf Anraten
des Mannschaftsarztes" und betrachten die Kampfflugzeuge, die "am Strand von Tel Aviv
vorbeiflogen", stecken ihre "Wunsch-
und Klagezettelchen" in die Ritzen der Klagemauer, der Autor
Moritz Rinke, von dem all diese Zitate stammen, schaut statt auf das
Fußballfeld bei einem Freundschaftsspiel "die
meiste Zeit in den Abendhimmel über dem Stadion, doch es fliegen nur ein paar
Zikaden", am Tag darauf beim Spiel gegen englische
Schriftsteller geht's dann härter zur Sache, "das
Spiel wird wahrscheinlich in die Geschichte des Autorenfußballs eingehen als
"Schlacht von Ra'anana"", und als dann die
Luftangriffe auf die Hamas-Stellungen beginnen, stellt Rinke fest, "wie überfordernd für Deutsche
solche Friedensreisen nach Israel sind". Aber unser Autor
fängt sich schnell wieder: "Ich
lege mein gegen England lädiertes Bein (ein echter Kriegseinsatz?
oder was will uns der Autor sagen?) auf
einen Stuhl in einem arabischen Café. Eben saß dort noch ein Israeli, jetzt ist
der Stuhl frei. Es ist ziemlich grotesk. Zettelchen in die Klagemauer zu
stecken, sich mit Engländern auf einem Fußballplatz in Israel krankenhausreif
zu spielen und die Waden anschließend in das Meer zu halten, während man aus
den Augenwinkeln Kampfflugzeugen nachsieht und sich über Hoffenheim unterhält.
Ein bißchen ist es wie bei Ernst Jünger in seinen "Pariser Tagebüchern
1941-42". Das Käferstudium am Rande der Kampfzonen, aber Jünger hatte noch
nicht Al Dschasira.
Am Ende ruht dann das Bein
in Jaffa auf einem arabischen Stuhl, der nur deshalb frei geworden ist, weil
Krieg ist."
So also ein Moritz Rinke im "Tagesspiegel". Und jetzt fragen wir uns
- was paßt denn genau an dem dandyhaft konstruierten Bild nicht so recht, mit
dem Rinke sein Fußballspiel in Tel Aviv mit Jüngers Einsatz in Paris
gleichsetzen möchte? Oder ist nicht letzten Endes doch auch alles sehr hübsch
kongruent - außer, daß Rinke scheinbar ein wesentlich größerer Depp als Ernst
Jünger ist, und sowieso wesentlich schlechter schreiben kann?
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Und ein gewisser Karl Marx schrieb 1857 in einem Brief an einen gewissen
Friedrich Engels:
"Die gamblers an der
Bourse" brachten "die
Eisenbahnen to a deadlock. (…) Die ganze alte Scheiße ist im Arsch, und der
bisher lächerlich-kühne Schwung, den der security market in England etc.
genommen, wird auch ein Ende mit Schrecken nehmen." Daß die Kapitalisten
"nun überall von den Regierungen "öffentliche Unterstützung"
verlangen, ist schön."
Also: nehmen Sie sich Karl Marx als Beispiel, und amüsieren Sie sich gut in
2009!