07.08.2013

Und Ansonsten 08/2013

Zum Start der Bundesligasaison ein Wort des klugen César Luis Menotti
(aus dem SZ Magazin): „Fußball ist ein
sehr weises und wunderschönes Spiel. Das Geheimnis des Fußballs ist Zeit, Raum
und Täuschung. Wie im Leben. Mit der Zeit umgehen, Räume finden und mit der
Täuschung zurechtkommen.“

* * *

Ich finde, die Medien tun dem Limburger Bischof Dr. Tebartz-von Elst
Unrecht. Falls Sie es nicht mitbekommen haben: Der Bischof steht nicht nur
wegen eines etwaigen Meineids und wegen Verschwendung unter Beschuß, nein,
möglicherweise hat sich die Berichterstattung über das Treiben des
Katholiken-Funktionärs an einer Luxusreise des Bischofs ins arme Indien
entzündet. Der Bischof wollte laut „FAS“ dem „Spiegel“ verbieten lassen, zu
schreiben: „Herr Bischof Dr. Tebartz-von
Elst ist erste Klasse mit dem Flugzeug nach Indien geflogen.“ Allein, der
Bischof war erster Klasse geflogen, „auf
einem der acht Luxusplätze im Oberdeck des Jumbojets, hin und zurück“ (FAS).
Bezahlt hat der Herr Bischof allerdings nur Business Class, das Upgrade in die
First Class hat ihm sein Mitarbeiter, Generalvikar Prof. Dr. Dr. Franz Kaspar
spendiert. Finden Sie merkwürdig und fragen sich, was das wohl für eine
merkwürdige Beziehung zwischen Bischof und seinem Generalvikar sein mag, daß
der ihm einfach so ein Upgrade spendiert? Das finde ich ausgesprochen
kleinkariert, wie Sie da denken – meine Mitarbeiter stehen zum Beispiel
grundsätzlich Schlange, um mir ein Upgrade in die Business Class bezahlen zu
dürfen, wenn ich Economy fliege – ist doch das Normalste der Welt.

Und insofern stimme ich dem Bischof von und zu Limburg, Herrn Dr.
Tebartz-von Elst, aus vollstem Herzen zu, wenn er behauptet, er sei, da er
Businessklasse bezahlt habe, nicht erster Klasse geflogen. Ist doch klar, oder?

Nun mag es sein, daß der „sterbliche
Leib“ (FAS) des Herrn Bischofs sich auf besagten Indienflügen tatsächlich
in der ersten Klasse befand. Aber was ist damit bewiesen? Wie gesagt, das war
ja nur der sterbliche Leib. Wer an die Mysterien des Katholizismus gewöhnt ist,
dürfte mir unschwer folgen und wissen, daß das Herz und die Seele und damit
überhaupt das Große und Ganze des Herrn Bischofs sich, im Gegensatz zu seinem
sterblichen Leib, auf dem Flug nach und von Indien  ganz sicher nicht in der Ersten Klasse,
sondern in der Holzklasse, in der Economy, befunden haben wird. Und darauf
kommt es doch schließlich und endlich an, oder?

Liebe Medien – seien Sie bitte mit den Funktionären der katholischen
Kirche ein wenig gnädiger!

* * *

„Deutsche werden
immer reicher“, jubiliert SPON – insgesamt haben die Bundesbürger „in Form von Bargeld, Wertpapieren und Bankeinlagen“
(Immobilienvermögen wird hier nicht mitgerechnet) „fast fünf Billionen Euro auf der hohen Kante.“

Doch ach: „Der Reichtum ist nicht
gleich verteilt. Die oberen zehn Prozent der Haushalte vereinen mehr als die
Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich.“

Tschah. Zu früh gefreut.

* * *

Die SPD feiert. Nämlich „Das Deutschlandfest.“

DAS DEUTSCHLANDFEST!

Musikalisch ist sie irgendwo im Jenseits, zwischen dumpfem Deutschrock
und dumpfem Schlager stehengeblieben, denn es spielen u.a. auf: Nena,
Luxuslärm, Fools Garden, Glasperlenspiel, Stefanie Heinzmann, Dick Brave, Die
Prinzen, Roland Kaiser, Julia Neigel und was sonst die deutsche
Unterhaltungsmusik an Schrecklichem aufzubieten hat.

  

„Ein besseres Land kommt nicht von allein.“ Aber mit der SPD ganz sicher auch nicht.

* * *

Die NÖ Festival und Kino GmbH aus Krems schickt mir unter dem Betreff
„Donaufestival 2014 Save the date!“ eine Mail, die, wenn ich es richtig
verstanden habe, hauptsächlich für ein Mineralwasser namens Römerquelle wirbt,
dem gilt jedenfalls der mit Abstand umfangreichste Textteil der Mail:      Was ich nicht genau verstanden habe, ist, ob ich mir den Termin
„Donaufestival 2014“ vormerken soll, um dann gemeinsam mit anderen Besuchern
des Donaufestivals das „trendige emotion“-Wasser zu trinken, oder ob ich besser
aus der Ferne zusehe (via Live-Streaming?), wie die Österreicher „gerne das
ausgezeichnete Wasser in den Sorten prickelnd, mild und still“ zu sich nehmen?
Um Aufklärung wird gebeten.

Gesponsert wurde die Donaufestival-Mail jedenfalls von verschiedenen
Banken, etwa der „Hypo NOE Gruppe“ oder „Raiffeisen Meine Bank“. Very „Lower Austria Contemporary“ das alles
(so ein anderes der vielen Logos in der Werbemail).

* * *

Der Aufmacher auf der Titelseite der „Zeit“ vom 1.August 2013: „Ökomobil – Das politische Auto“,
Unterzeile: „BMW kann nicht nur
schmutzig: Wer die Geländewagen nicht mehr kaufen will, hat jetzt eine
Alternative“, nämlich den BMW i3, „eine
fahrende Utopie aus Carbonfasern und Lithium-Akkus“, wie ein Frank
Drieschner flötet.

Wenn Sie sich fragen, was diese "Story" auf der Titelseite der
„Zeit“ soll, finden Sie nur wenige Seiten weiter die Erklärung: Auf den Seiten
6 und 7 hat BMW eine fette, zweiseitige Anzeige geschaltet: „Wie versprochen. Der elektrische BMW i3.“
„Revolutionär gebaut aus besonders leichtem wie hochfestem Carbon.“

So gehen bei unserer selbsternannten Qualitätspresse die bezahlten
Anzeigen der Industrie und deren willige redaktionelle Umsetzung Hand in Hand.
Läuft eben alles wie geschmiert.

* * *

„Charts KW 31:
Shindy trotz Indizierung auf Platz eins“, berichtet die Musikwoche. Nur hat sich in
diese Zeile wohl das falsche Wörtchen eingeschlichen: ich würde sagen, es müßte
lauten „Shindy wegen Indizierung auf
Platz eins“ – die Indizierung, die Strafanzeige von Berlins Regierendem
Bürgermeister Wowereit und die bereitwillige Kampagne in praktisch allen
hiesigen Feuilletons zeigt Wirkung, soviel kostenlose Werbung für Shindy und
Bushido bringt sicheren Erfolg.

In einem sehr guten Interview mit Thomas Gross und Thomas Winkler in der
„Zeit“ sagt die Berliner Rapperin Sookee, „Quing of Berlin“: „Der mediale Raum, der sogenannten
Rüpelrappern eingeräumt wird, damit sich die Mehrheitsgesellschaft
voyeuristisch an solchen Liedern aufgeilen kann, sollte lieber coolen Leuten
eröffnet werden. Mir zum Beispiel!“

Machen wir doch gerne: Hier „Parole Brückenbau“.

https://soundcloud.com/springstoff/parole-br-ckenbau-sookee

* * *

Der stellvertretende Chefredakteur des „Handelsblatts“ versucht sich an
der deutschen Sprache und hat sich gleich eine wirklich schwierige Aufgabe
vorgenommen, nämlich den Superlativ:

„Berthold Beitz ist tot. Der wohl verdienteste
Manager der deutschen Nachkriegsgeschichte ist am Dienstag mit 99 Jahren
auf Sylt gestorben. Beitz hatte sein Leben in den Dienst Alfried Krupps und des
traditionsreichen Ruhrkonzerns
gestellt. Über Jahrzehnte hatte der "letzte Krupp" und Vorsitzende der
mächtigen, gleichnamigen Stiftung das letzte Wort. Sein Auftrag, das Krupp-Erbe
zu bewahren, bleibt unerledigt. Thyssen-Krupp
steckt in der schwersten Krise
der Firmengeschichte.“ 

Möglicherweise der wohl verdienteste Nachruf auf den Krupp-Manager.

* * *