25.03.2013

Echo 2013

Nun haben wir also auch den Echo 2013 überlebt. Ich hatte Grippe und
habe mir in meiner Verzweiflung einen Teil der Fernsehübertrag angetan, worauf
sich mein Gesundheitszustand spürbar verschlechtert hat.

Daß diese erbärmliche, dumpfe, selbstreferentielle Veranstaltung der
deutschen Musikindustrie live im Staatsfernsehen übertragen wird, ist traurig
genug. Sie vermissen Herz und Seele? Die Musikindustrie hat so etwas nicht, da,
wo gewöhnliche Menschen ein Herz haben, haben die Manager der Musikindustrie
einen Zähler für verkaufte Alben eingebaut.

Das alberne Vorspiel mit dem Gezerre um die Gruppe Frei.Wild war dabei
so banal wie die eigentliche Veranstaltung. Daß sich ausgerechnet eine Band wie
Mia, die vor Jahren in der Deutschlandfahne geposed hat und mit ihren
deutschnationalen Gesängen bekannt wurde, sich nun als Gegner einer Band wie
Frei.Wild geriert, ist einfach nur lächerlich. Wobei den Neo-Nationalismus ja
nicht eine Band wie Frei.Wild hervorgebracht hat, sondern die Deutsche
Phono-Akademie selbst, die den Echo ausrichtet. Bis zur Deutschen
Phono-Akademie haben sich die Grenzen Deutschlands nach 1945 anscheinend noch
nicht herumgesprochen – die Südtiroler Band Frei.Wild wurde von den Vertretern
der deutschen Musikindustrie nämlich in der Kategorie „Rock/Alternative National“ nominiert. Wann aber war
Südtirol zuletzt „deutsch“, also national? Nach dem Abkommen von Mussolini und
Hitler 1939, gewissermaßen. In dieser Zeit  also ist die Deutsche Phono-Akademie gedanklich
stehengeblieben, was ja auch wieder interessant ist.

Die Diskussion um Frei.Wild jedenfalls ist eine sehr typisch deutsche,
eben: eine Alibi-Debatte.  Über das
reaktionäre Weltbild von Figuren wie Bushido oder Heino, die ebenfalls
nominiert waren, wurde nicht einmal debattiert. Und Jens Balzer weist in der
„Berliner Zeitung“ darauf hin, daß ein Produzent wie Henning Verlage nicht nur
„Unheilig“ produziert hat (und zusammen mit dem „Graf“ den Echo für den besten
Rock/Alternative National“-Act entgegennahm), sondern eben auch, ja, Frei.Wild.
„Ein Umstand, der an diesem Abend aber
lieber verschwiegen wird“ (Balzer). Und abgemischt wurde das
Frei.Wild-Album vom Berliner Ton-Ingenieur Sascha „Busy“ Büren, der außerdem auch
die Alben von Peter Fox oder Lena Meyer-Landrut abmischt. So hängt immer alles
mit allem zusammen. Der Echo zeichnet sich eben „generell gerade durch seine Vielfalt, die kreativen Kollaborationen
und die einzigartigen emotionalen Momente aus“, so der BVMI-Funktionär
Florian Drücke.

Der TV-Marktanteil der Echo-Übertragung: Müde 13,3 Prozent. Sogar die
parallel im ZDF laufende Quizshow mit Rügenwalder Wurst-Botschafter Jörg Pilawa
fand mehr Zuschauer. Und der Marktanteil in der Zielgruppe der 14- bis
49-jährigen lag bei nur 11,4 Prozent und war die zweitschwächste Echo-Quote
aller Zeiten. Sowas nennt man dann wohl einen Flop.