52 ways to screw an artist
In den Vorschulklassen der Musikindustrie bleuen
sie einem ein Mantra ein, das alle immerzu singen sollen: Die Plattenfirmen
sind die Guten, sie sind die einzigen, die die Karriere von Künstlern aufbauen,
Plattenfirmen sind euer Freund, deswegen müssen sie quasi unter Naturschutz
gestellt werden!
Leider wissen Künstler immer wieder eine andere
Geschichte zu erzählen. Wie jetzt James Taylor, der mit seinem Anwalt seine
Plattenfirma Warner Bos. Records verklagte. Auf „Digital Music News“ finden
sich die detaillierten „52 Ways to Screw an Artist, by Warner Bros. Records...“:
http://bit.ly/UqoEH8
Nehmen wir das erste Beispiel: James Taylor und
seine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft haben alleine für den Zeitraum von 2004
bis 2007 fehlende Royalty-Zahlungen in Höhe von 1,69 Millionen Dollar
recherchiert. James Taylor und Warner Bros. Records einigen sich nach zähen
Verhandlungen in einer Art Vergleich auf den Betrag von 764.056 Dollar. Warner
Bros. bezahlt nur 97.857 Dollar.
Und so geht das in einem fort, 52 traurige
Beispiele lang.
Lieschen Müller mag sich zu Beginn ihrer
Ausbildung als Kauffrau für audiovisuelle Medien fragen, wie so etwas geht, ob
es denn nicht Verträge gebe. Klar, gibt es, doch die Zahlungen vieler Plattenfirmen sind undurchschaubar, wer keine guten Accountants und noch bessere
Rechtsanwälte hat, zieht bei den Abrechnungen meistens den Kürzeren (mal
abgesehen davon, daß viele Künstler darüber klagen, ihre Abrechnungen ständig
zu spät oder erst nach mehrfacher Aufforderung zu erhalten, von den Zahlungen
ganz zu schweigen...). Hinzu kommt: Es gibt einen großen Streit darüber, wie
die Einnahmen aus digitalen Downloads zu verrechnen sind. Wir erinnern uns:
„digital downloads“, Internet, Totengräber der Plattenfirmen, böse böse.
Allerdings: schon längst werden im Internet von den Plattenfirmen Milliarden
gescheffelt. Ohne große Investitionen, für einen Download muß man schließlich
keine CD herstellen und braucht kaum Zwischenhändler (dumm nur, daß man den
Trend erstmal verschlafen hatte und z.B. Apple deshalb hohe Anteile an den Erlösen
einräumen muß). Obwohl das so ist, stellt sich die Tonträgerindustrie auf den
Standpunkt, daß die verkauften Downloads wie CDs abzurechnen sind – vom
Verkaufspreis einer CD erhalten die Künstler in der Regel nur etwa 10%. Die
Künstler und ihre Vertreter gehen dagegen davon aus, daß digitale Downloads wie
Lizenzen abzurechnen seien, also mit wesentlich höheren Einnahmebeteiligungen
für die Künstler.
Man darf gespannt sein, ob sich James Taylor und
all die anderen Künstler, die zuletzt „ihre“ Plattenfirmen verklagt haben,
durchsetzen können.
Der amerikanische Star-Blogger Bob Lefsetz
schreibt dazu lapidar: „That's the major label business model. Theft from
the artist.“