16.07.2012

Seven Nation Army Bruckner

Nun ist wieder allüberall zu lesen: den „größten
Fußballsong aller Zeiten“ habe Jack White geschrieben, den Song „Seven Nation
Army“ oder besser gesagt: die Baßlinie aus diesem Song, die von einer
runtergestimmten Gitarre mantrahaft wiederholt wird – eine tolle Melodie,
raffiniert und gleichzeitig so einfach, daß Fußballfans sie sich ohne Probleme
merken können. Berühmt auf den Fußballfeldern wurde die White Stripes-Melodie
2006 während der Fußball-WM in Deutschland, als italienische Fans damit ihr
Team, das dann auch Weltmeister wurde, anfeuerten. Bei der diesjährigen
Europameisterschaft wurde der Song ständig in den Stadien angestimmt.

Doch wurde diese Melodie wirklich von den White
Stripes geschrieben? Ich habe da eine andere Theorie. Die Melodie ist nämlich
ganz eindeutig von Anton Bruckner komponiert worden, sie stammt aus dem 1. Satz
(„Adagio. Allegro“) seiner Fünften Sinfonie in B-dur. Auf der mir liebsten
Interpretation, einem Live-Mitschnitt von 1942 mit Wilhelm Furtwängler und den
Berliner Philharmonikern, kann man die Melodie zum Beispiel in der 11.Minute
hören, noch anders moduliert, dann aber ab Minute 17:35 völlig eindeutig und
sich, ähnlich wie es Jack White in „Sven Nation Army“ erfolgreich nachgemacht
hat, steigernd und Schicht für Schicht auftürmend. 

Wie aber gelangte die Melodie in die Stadien?
Schlichtere Gemüter behaupten, es habe mit den White Stripes zu tun. Ich glaube
das nicht. Ich glaube, es ist eine raffinierte Intrige des österreichischen
Fußballverbands, der dafür sorgte, daß diese eindrucksvolle Melodie des
österreichischen Komponisten den Weg in die Fußballarenen fand. Bekanntlich ist
der Operettenstaat im Fußball so erfolglos wie als Intrigenstaat erfolgreich.
Und da eine Teilnahme an Endrunden großer Turniere in der Regel für den
österreichischen Fußball aussichtslos ist, sann man seitens der Funktionäre
nach einem Weg, dennoch allüberall, wenn es um die Entscheidungen geht, in den
Stadien präsent zu sein. Und man verfiel auf die Idee mit dem, wie man heute
sagen würde, „Bruckner-Riff“, dem Ohrwurm und Schlachtgesang.

Interessanter Nebenaspekt: Wie sehen GEMA und
Verwertungsindustrie eigentlich diesen Fall? Der Verfasser dieser Zeilen hat,
das wird Sie nicht wundern, mit der Aneignung oder Modernisierung von Bruckners
Melodie durch Jack White wenig Probleme. Die GEMA dagegen behauptet ja für
gewöhnlich, daß bereits Tonfolgen von drei Tönen geschützt sind – Bruckners
Melodie besteht nachweislich aus mehr als drei Tönen. Auf dem Album „Elephant“
der White Stripes steht: „Words and music by Jack White“, was demzufolge auch
für Seven Nation Army gilt, den ersten Song des Albums. Kein Hinweis auf
Bruckners Urheberschaft. Nun ist Bruckner bereits 1896 verstorben, und selbst
die immer wieder auf Betreiben der Verwertungsindustrie verlängerten
Schutzfristen greifen in diesem Falle nicht mehr. Vielleicht aber könnten die
bekannten Copyright-Cops Hand in Hand mit der GEMA dafür sorgen, daß die
Urheberrechts-Schutzfristen noch weiter verlängert werden, um Bruckner zu
seinem Recht zu verhelfen? Gorny, Chung, GEMA, übernehmen Sie!