30.01.2012

qu2

Wer mal wieder zuschauen will, wie ein internationaler Popstar „gemacht“ wird, der beobachte den großen Zirkus um die 25jährige, ganz nett aussehende Lana del Rey, deren neues Album erst Ende Januar erscheinen wird, von der aber längst alle Magazine und Feuilletons voll sind, von der Titelstory in „Spex“ bis zum Aufmacher des Feuilletons der „Berliner Zeitung“. „2008 nimmt sie als Lizzy Grant ein Album auf, es liegt zwei Jahre unveröffentlicht herum. Dann der Bruch. Lizzy wird zu Lana del Rey, weil der Name morbiden, geheimnisvollen Hollywood-Glamour verheißt. Sie läßt sich einen Schmollmund spritzen, was sie tapfer dementiert.“ (Steffen Rüth) Ihr neues Label, der Unterhaltungskonzern Universal Music, organisiert aktuelle englische Starproduzenten, die auch Künstler wie Adele, Duffy oder Robbie Williams so produzieren, wie das die Musikindustrie gerade hören will. Dann gibt es einen Clip, der nichts weiter ist als eine Collage aus Filmschnipseln der 50er und 60er Jahre, zu der sie eine relativ banale, nette Retroballade singt. „Ein tieferer Sinn, sagt del Rey, steckt nicht hinter den Bildern. Sehen halt hübsch aus. So wie sie selbst. (...) Leere, hochattraktive Hüllen.“ (Steffen Rüth)Im Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ bekennt die Sängerin: „Ich spiele nicht mehr Gitarre, ich war nie besonders gut darin. Mein Onkel Tim hat mir sechs Akkorde beigebracht und damit habe ich mein erstes Album geschrieben. (...) Ich hatte nie Ambitionen, ein Popstar zu werden, ich wollte eine Musikerin sein, die durch Nordamerika touren kann.“ Kann man sich lebhaft vorstellen: eine Musikerin, die mit ihren sechs Akkorden durch die Welt tourt...Zu ihrem Video – das Filmchen wurde auf YouTube schon über zehn Millionen mal angeklickt, gerne wird behauptet, „das Internet“ habe den Star gemacht, ich würde sagen: der Konzern hat durch geschicktes „social marketing“ den Hype im Internet kreiert – sagt Lana del Rey: „Ich benutze die Bilder, weil ich sie schön fand. Das wars.“ Und warum projiziert sie zu ihrer Show mit den sechs Akkorden Kennedy und Elvis auf die Bühne? „Elvis ist mein Lieblingsmusiker. Ich mag es, wie er singt, und ich finde, er hat ein schönes Gesicht. Und wenn JFK lächelt, bin ich derart vom Blitz getroffen von dem Optimismus dieser Zeit. (...) Ich bin nicht daran interessiert, Dinge zu dekonstruieren. Ich bin sehr zufrieden damit, wie alles ist.“Zu ihrer unkritischen Haltung zu Kriegstreibern wie Kennedy und ihrer Beschwörung eines „kraftstrotzenden, zukunftsgläubigen Amerika, das auf dem Weg zum Mond und nicht auf dem zum Bankrott war“ (Niklas Maak) paßt das reaktionäre Frauenbild, das Lana Del Rey propagiert: Frauen sind ihren Männern bedingungslos ergeben („you fit me better than my favourite sweater“, oder „you can be the boss“ trällert die Sängerin ganz ironiefrei), „Mann fährt schnelles Auto, Mann bricht in Bank ein; Frau sieht toll aus und schmachtet und schnurrt und wartet.“ (Niklas Maak) – Neokon-Musik eben für Biedermeier-Zeiten und für Leute, die sehr zufrieden damit sind, wie alles ist. Und die, die nicht mehr zu kritischer Analyse des Phänomens und seiner gesellschaftlichen Funktion fähig sind, sabbern im gewohnten Altherren-„Popkritik“-Stil von der Sängerin sexy Aussehen wie ein Ueli Bernays in der „NZZ“: „Wenn die Sirene Lana Del Rey, dieses schlanke, feingliedrige Geschöpf mit hübschem Gesicht, mit spitzer Nase, grotesk großen Lippen und einem lasziven Kiffer-Blick, singend durch solche Klangsphären schweift, fühlt man sich wie angefixt, verführt und verloren in Nostalgie."Passen Sie gut auf, wer Ihnen in den nächsten Wochen und Monaten etwas empfiehlt, und merken Sie sich diese Personen! Und lassen Sie sich nicht jeden Scheiß andrehen, zu dem alle hinrennen! Seien Sie ein selbstbewußter, kritischer Konsument!