01.07.2017

Spex und Jay-Z: Vom wackeren Löwen zum Bettvorleger der Konsumindustrie

„Wir haben keinen Schimmer“ vom neuen Jay-Z-Album, schreibt ein Dennis Pohl angeblich (laut „Perlentaucher“) in der „Spex“ unter dem Titel „Keine Review“ und bemängelt, daß der Star-Rapper dieses Album exklusiv beim Streamingdienst Tidal veröffentlicht hat, an dem er beteiligt ist (siehe meinen Artikel „Es kann nur einen geben“ über Tidal hier) und zu dem „Spex“ keinen Zugang hat.
„Dass Jay-Z seine Musik und am Ende auch seinen Streamingdienst bestmöglich vermarkten möchte, mag aus unternehmerischer Sicht nur logisch sein. Doch indem er sie hinter einem Abo-Riegel versteckt, schadet er letztendlich der Branche - und damit sich selbst. Die meisten Hörer haben sich längst für einen Dienst entschieden und werden sich kaum ein zweites Abonnement zulegen. Jay-Z dürfte das trotzdem nicht besonders jucken. Ihm geht es nicht um seine Branche und auch nicht um die Musik - sondern um die eigene Tasche."
So brüllt der Spex-Löwe laut „Perlentaucher“.

Zu lesen ist das allerdings für mich und viele andere nicht, denn „Spex“ verbirgt seine Inhalte im Netz hinter einem Anti-Adblocker-Riegel, der auch für Abonnent*innen der Zeitschrift nicht zu umgehen ist. „Adblocker haben zur Folge, daß gebuchte Werbebanner nicht angezeigt werden und wir so keine Werbeeinnahmen generieren können“, barmt der Text auf der Homepage von „Spex“.
Um es mit Dennis Pohl zu sagen: Die meisten User haben sich für einen Adblocker entschieden. Spex dürfte das nicht besonders jucken. Der Zeitschrift geht es allem Anschein nach nicht um Inhalte und deren Verbreitung – sondern um die eigene Tasche.
Und so wird aus dem wackeren Spex-Löwen letztlich doch nur ein braver Bettvorleger der Konsumindustrie...

(Ergänzung 7.7.2017:)
A propos nervige Banner und noch nervigere Video-Werbung: „Ich weiß, da ist ein Video hier oben auf der Seite. Tut mir leid. Es ist wahrscheinlich auf Autoplay eingestellt und wird loskrähen, ob Sie es wollen oder nicht (ich nehme an, Sie wollen nicht)."
So witzig und mutig beginnt Zach Schonfeld laut „Perlentaucher“ in „Newsweek“ seinen Artikel über den neuesten, auch in Deutschland schon praktizierten Werbehype: „Mein Arbeitgeber sagt, dass das Video da sein muss, weil Video-Werbung entscheidend für das Geschäftsmodell dieser Firma sei, so wie sie auch für alle anderen digitalen Medienhäuser entscheidend ist. Banner-Anzeigen laufen nicht mehr und die von rasenden Managern präsentierte Lösung ist Video. Noch mehr Video. Sehr viel Video."